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Heston Blumenthal: Further Adventures in Search of Perfection

51vpd1m2l5l_aa240_.jpg„Further Adventures on the Search of Perfection“, das Begleitbuch zur BBC-Serie mit dem britischen Dreisternekoch Heston Blumenthal (The Fat Duck) ist mit Abstand das ungewöhnlichste Kochbuch, das ich jemals gelesen habe.

Zum einen ist es eigentlich gar kein echtes Kochbuch, da die eigentlichen Rezepte – Hamburger, Fish Pie, Chicken Tikka Masala, Risotto, Pekingente, Chilli Con Carne, Baked Alaska und Trifle – nur einen geringen Teil des insgesamt über 300 Seiten umfassenden Werks ausmachen. Auf den restlichen Seiten schreibt Blumenthal über die kulinarhistorischen Hintergründe der Gerichte, die Suche nach ihrem Ursprung (besonders spannend: die Suche nach dem Ur-Hamburger), die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den jeweiligen Substanzen sowie seine Schritte auf dem Weg zur Perfektion dieser Speisen inklusive einiger Rückschläge (siehe die Chicken Tikka-Story). Aber es ist auch nicht so, dass hier acht Rezepte, die im Übrigen selbst, was Zutaten und Arbeitsschritte angeht, epische Ausmaße erreichen, mit einer Menge Füllmaterial aufgeschäumt werden (um einmal eine Küchenmetapher zu verwenden). Nein, die narrativen Passagen sind jeweils eng mit den Rezepten verbunden, erklären ihren Hintergrund und ihr Zustandekommen.

Das Buch ist dabei, das ist die zweite Besonderheit, derart flüssig und packend geschrieben, dass es das erste Kochbuch ist, das ich in einem Zug durchgelesen habe. Auch Bocuse oder Escoffier sind auf jeden Fall gut lesbar – doch mir ist aus der Überlieferung nur eine Person bekannt, die sich davon derart fesseln ließ und auch diese Bücher verschlungen hat: Ferran Adrià. Mit Blumenthals Werk kann jeder einmal ein ähnliches Gefühl verspüren.

Die einzelnen Rezepte vollständig zu kochen, stellt in den meisten Fällen allein aufgrund der viele Stunden oder gar Tage umfassenden Prozeduren eine wirkliche Herausforderung dar. Auch ambitionierte Hobbyköche dürften bei der Zubereitung einer Pekingente à la Blumenthal ins Schwitzen kommen. In aller Regel wird man diese Rezepte gerade deshalb auch nur ein einziges Mal zubereiten – auch etwas seltsam für ein Kochbuch. Aber ganz gleich wie das Ergebnis ausfällt: man wird auf jeden Fall etwas dabei gelernt haben. Außerdem kann man sich immer auch auf das Nachkochen einzelner Teile der Rezepte beschränken – zum Beispiel das Entenconfit oder die Basmati-Hühnerboullion – und sich auf diese Weise die Rezepte step by step aneignen.

Die Ausstattung des Buches lässt keine Wünsche offen: das Buch ist sowohl farblich als auch typographisch sehr ansprechend gestaltet, die Fotos sind von guter Qualität, die Bindung wirkt sehr solide und das Papier fühlt sich sehr angenehm an. Besonders positiv: am Anfang des Buches findet man eine ausführliche Umrechnungstabelle von Milliliter in Unzen sowie Esslöffel oder Tassen, und am Ende des Buches sorgt ein ausführliches Stichwortverzeichnis dafür, dass man die im laufenden Text immer wieder eingestreuten Sachinformationen schnell wiederfinden kann. Dazu kommen noch Hinweise zu Hygiene und Sicherheit in der Küche, eine Liste der Bezugsquellen für Lebensmittel und Geräte sowie – schließlich handelt es sich um einen Vertreter der wissenschaftsnahen molekularen Kochweise – weiterführende Literaturhinweise.

Heston Blumenthal: Further Adventures in Search of Perfection, London, Bloomsbury, 2007, 320 Seiten, ISBN 0747594058, 32,99 EUR.
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Powerslide mit Blumenthal

Für das britische Automobil-Videomagazin „Fifth Gear“ durfte sich Fat Duck-Chef Heston Blumenthal hinter das Steuer eines BMW M5 klemmen und zusammen mit Tiff Needell den Powerslide üben. So weit so gut. Aber Heston wäre nicht Heston, würde er nicht das Ganze noch einmal toppen wollen: Mit einem in der Autotür eingeklemmten Tojiro Senkou-Kochmesser schneidet er als praktische Anwendung seiner neu erworbenen Fahrkenntnisse noch ein paar Gurken durch.

Zwei Tipps für perfekte Hamburger

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Das Schöne an den unglaublich komplexen Rezepten in Heston Blumenthals „Further Adventures in Search of Perfection“ ist, dass man sie gar nicht unbedingt vollständig kochen muss, sondern sich auch einzelne Anregungen daraus holen kann. In diesem Fall habe ich mich einmal mehr unserem umamischen Dauerbrenner gewidmet: dem Hamburger. Hier zwei kleine Upgrades, die sich wunderbar bewährt haben:

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1) Tomatenkonzentrat statt Ketchup

Zur Unterstützung der Fleischnote ist ein guter Spritzer Ketchup unentbehrlich. Doch es muss nicht immer das Fertigketchup mit viel Zucker und Essig sein. Sehr viel harmonischer passt ein selbst gekochtes Tomatenkonzentrat. Die Herstellung ist denkbar einfach: Die Tomaten aufschneiden und das glitschige Innere mit den Kernen durch ein grobes Sieb ausdrücken. Die erhaltene Flüssigkeit so lange köcheln bis eine ketchupartige Konsistenz erreicht ist. Eine Prise Salz dazu – fertig.

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2) Buns und Burger mit brauner Butter einpinseln

Für 6 Hamburger ca. 80g Butter bei mittlerer Hitze schmelzen lassen und köcheln lassen, bis sich die Caseinbestandteile der Butter sich am Boden absetzen und bräunen. Durch ein Sieb abgießen. Mit dieser Butter die Hamburgerbuns an den Schnittseiten einpinseln bevor sie im Ofen gegrillt werden. Außerdem: die Burger nicht ganz durch braten (52° C Kerntemperatur) und kurz vor dem Servieren noch einmal mit der braunen Butter einpinseln und ganz kurz in der Pfanne anbraten (15 Sekunden je Seite).

Die merkwürdigsten Top 100 Chefköche

chef.pngDas Internetportal „Chef2Chef„, das für sich den Anspruch erhebt, „A Chef’s Practical Guide to Practically Everything“ darzustellen, hat eine ständig aktualisierte Liste der Top 100 Chefköche der Welt. Die Selbstbeschreibung liest sich zunächst einmal ganz interessant:

On this ranking list, Chefs nominate Chefs and then vote for their peers. This list accurately gauges a Chefs popularity and reveals the rising stars in the culinary industry!

Nur, wenn das tatsächlich die Wahl eines professionellen Publikums ist („Chefs bewerten ihre Kollegen“), dann finde ich es einigermaßen merkwürdig, dass ausgerechnet Fernsehkoch Jamie Oliver, dessen Gerichte mir höchstens durch ihre wenig feinfühlige Zubereitungsmethoden in Erinnerung geblieben sind, auf dem ersten Platz landet, während Adrià, Arzak oder Blumenthal hier überhaupt nicht vorkommen. Übrigens: das beste der 100 Top Restaurants ist das weltberühmte Rivertown Bistro in Conway.

(via Food, K.C. and other things)

Hamburgercuvées

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Das gute alte Web mit seinen werbewirksamen Bildergalerien, die aus einem minimalistischen Textbeitrag zehn, zwanzig oder noch viel mehr Page Impressions herausholen. So zum Beispiel in der Hamburgergalerie der Time Out New York.

Da wir in der Molekularküche in Anschluss an Heston Blumenthal hellhörig geworden sind für die verschiedenen Mischungen von Hamburgern, habe ich mich einmal durch die Time Out Top Ten der New Yorker Burgerie geklickt (die deutschen Begriffe entsprechen den amerikanischen nicht immer, da es unterschiedliche Traditionen gibt, das Rind zu zerlegen):

  1. Market Table: 50% brisket (Rinderbrust), 50% sirloin (Rostbraten/Roastbeef)
  2. Telepan: 100% chuck (Schulter)
  3. Prune: Rind, Lamm
  4. Back Forty: Peter Hoffmanns geheime „Steakburger“-Mischung
  5. Shorty’s .32: sirloin (Rostbraten/Roastbeef), short-rib (Rippe) und weitere Sorten (20% Fett)
  6. 67 Burger: chuck (Schulter), tenderloin (Filet)
  7. BLT Burger: sirloin (Rostbraten/Roastbeef), chuck (Schulter), short-rib (Rippe), brisket (Rinderbrust) vom Black Angus-Rind
  8. Primehouse: 80% chuck (Schulter), 20% tenderloin (Filet)
  9. Resto: cheek (Rinderbacken), hanger steak (Brust), fatback (Speck)
  10. Stand: chuck (Schulter), short-rib (Rippe), brisket (Rinderbrust) mit 22% Fett

Heston macht es übrigens genauso wie das Burgerrestaurant Stand in Greenwich Village mit 25% chuck (Schulter), 50% short-rib (Rippe) und 25% brisket (Rinderbrust).

(via Eater. Abbildung „Hamburger“ von food in mouth)

Seelachs im Maillard-Mantel

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Eine sehr schöne Methode, Fisch oder Fleisch saftig zu garen, ist das Belegen oder Umhüllen mit Schinkenscheiben. In diesem Fall wird ein Seelachs mit einem wunderbaren Parmaschinken umwickelt, scharf angebraten und dann im Ofen fertig gegart. Das Anbraten setzt die Maillard-Reaktion in Gang: der Schinken wird gebräunt und entfaltet ein kräftiges Aroma, während der Lachs im Innern gut geschützt ist und durch das sanfte Garen schön saftig bleibt. Auch der Bissfestigkeitsgradient ist spannend: von dem knusprigen Schinken zum zarten Fisch. Dazu passen sehr gut die Rosmarin-Ofenkartoffeln, die man natürlich auch etwas aufwändiger à la Heston Blumenthal (also mit einem Kartoffelschalenöl) zubereiten darf.

Zutaten (2 Personen)

  • 2 Seelachsfilets
  • 4 Scheiben Parmaschinken
  • 2 EL Wermut (Noilly-Prat)
  • 2 Schalotten
  • 1 Möhre
  • 1 Tasse Gemüsebrühe
  • 1/2 Blatt Gelatine, in kaltem Wasser eingeweicht
  • 3 Knoblauchzehen
  • 1 Rosmarinzweig
  • Basilikum
  • Olivenöl
  • Butter
  • Salz, Pfeffer

Zubereitung

  1. Kartoffeln schälen und achteln. In einer ofentauglichen Pfanne mit Butter heiß anbraten bis sie auf allen Seiten goldgelb sind. Dann zwei Knoblauchzehen mit Schale und den Rosmarinzweig dazugeben und in den 190° heißen Ofen stellen.
  2. Möhre, Schalotten und Knoblauch kleinschneiden und in einem kleinen Topf in Butter bei mittlerer Hitze garen (zuerst die Möhre, wenn sie einigermaßen weich geworden ist, die Schalotten und den Knoblauch dazugeben. Nach ein paar Minuten mit der Brühe und dem Wermut aufgießen, die Gelatine dazugeben (man könnte auch einen Fischfond dafür nehmen, aber durch den Wermut und die Schalotten ist hier schon viel Geschmack drin, deshalb tut’s auch die Gelatine), kurz aufkochen lassen, dann abschmecken und beiseite stellen.
  3. Danach den Fisch abbrausen, trockentupfen und pfeffern. Nun den Fisch mit dem Parmaschinken umwickeln. In einer sehr heißen Pfanne von beiden Seiten anbraten. Dann auf ein Blech in den Ofen legen, das zuvor leicht eingeölt wurde. Noch ca. sechs Minuten im Ofen zusammen mit den Kartoffeln fertiggaren.
  4. Fisch mit Gemüse und Kartoffeln anrichten. Etwas kleingehacktes Basilikum und die Sauce auf dem Fisch verteilen.

Geld schmeckt besser

rangel.pngIn der Molekulargastronomie gehört der Umgang mit Magnetresonanztomographen fast schon zum guten Ton, schließlich sind diese medizinischen Großgeräte ein nützliches Hilfsmittel, wenn es gilt, das Eindringen der Joghurtmarinade in eine Hühnerbrust zu beobachten. Aber natürlich kann man auch Menschen in dieses Gerät stecken, zum Beispiel um zu erfahren, dass ein Wein tatsächlich besser schmeckt, wenn die Probanden der Überzeugung sind, er habe mehr gekostet als ein anderer Wein. Zu diesem Ergebnis kommen zumindest die kalifornischen Wissenschaftler um den Neuroökonomen Antonio Rangel in ihrem Beitrag „Marketing actions can modulate neural representations of experienced pleasantness„:

Our results show that increasing the price of a wine increases subjective reports of flavor pleasantness as well as blood-oxygen-level-dependent activity in medial orbitofrontal cortex, an area that is widely thought to encode for experienced pleasantness during experiential tasks. The paper provides evidence for the ability of marketing actions to modulate neural correlates of experienced pleasantness and for the mechanisms through which the effect operates.

Ein weiterer Beweis also für die Abhängigkeit des Geschmackserlebens vom Kontext, die von vielen molekularen Köchen immer wieder in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt wird (siehe z.B. Blumenthals „Sound of Sea„).

(via Winzerblog)

Spaß mit der molekularen Gastronomie

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Neben den vielen kulturkritischen, elitären oder naturköstlerischen Beiträgen über die Molekularküche, hier endlich einmal wieder eine positive Würdigung. Die Zeitung „Westword“ aus Denver konzentriert sich in dem Artikel „Fun With Molecular Gastronomy“ auf ein ganz wichtiges Element, das neben den Michelin-Erfolgen zur Zeit die wichtigste Grundlage für den molekularen Boom sein dürfte: den Spaß am Experimentieren mit neuartigen Geschmackserlebnissen, zum Beispiel im Fall von

dishes that made my hardened brigade of gastronauts giggle like schoolchildren and lapse into moments of babbling reverie, struggling for words to describe the indescribable.

Aber das muss nicht bedeuten, dass hier bloß um des Effekts willen molekular gekocht wird, denn im Vordergrund steht nach wie vor der Geschmack. Und die Zubereitung von „vacuum-compressed tomatoes with a flavor like an entire summer condensed down into one perfect day“ ist als Geschmacksziel auch für die Haute Cuisine legitim:

It might not look like food, might not have the temperature you’re expecting, or the texture, the color or even the flavor. But every plate that he makes is inarguably food.

Vielleicht fehlt den Gegnern der molekularen Küche auch einfach nur die grundlegende Fähigkeit zur gastronomischen Hermeneutig, gutes Essen auch dann zu erkennen, wenn es nicht so aussieht wie gewohnt?

Aber die schönste Beobachtung von Jason Sheehan ist ein molekulargastronomischer Trickle-down-Effekt: Zwar erreichen Adrià, Blumenthal und Amador in ihrem Umgang mit Gels, Schäumen und Stickstoff eine ganz andere Dimensionen der Perfektion und Kochkunst, aber auch haubenlose Köche fühlen sich durch diese neuen Kochmethoden zu kulinarischen Experimenten inspiriert, so dass daraus eine technische Aufrüstung der Küchen folgt:

And in the next couple of years, I think it’s going to be a rare kitchen that doesn’t have a vacuum sealer and a thermal circulator — two of the more pedestrian gadgets used regularly by molecular gastronomists and proponents of cutting-edge prep.

Besonders spannend daran: Obwohl viele Köche sagen, mit der molekularen Küche und ihren Chemikalien nicht viel am Hut zu haben, ist eine rasche Veralltäglichung dieser Geräte im Gang. Mittlerweile, so Sheehan, ist die Methode des Vakuumgarens (sous-vide) zur Normalität geworden – noch vor fünf Jahren war das „way too far out for most guys“.

Ich würde hinzufügen, dass von diesem Wandel nicht nur um Profiköche betroffen sind, sondern dass sich auch Amateurköche und Hobbyexperimentatoren zunehmend für diese Möglichkeiten interessieren, wozu die Möglichkeiten, über das Internet Rezepte, Bezugsquellen und Tipps auszutauschen, sicher maßgeblich beigetragen hat. So schreibt zum Beispiel jemand im Feinschmeckerforum: „Durch die Molekulare Gastronomie hab ich endlich die blöden Gänse im Griff.“

(Abbildung: „Billowing Potion“ von gskx)

Zitronenlimonade-Syllabub nach Heston Blumenthal

img_7100.jpgDie englische Süßspeise „Syllabub“ ist ein perfekter Kandidat für die molekulare Küche: ein luftiger, fast schon vergeistigter Schaum, zugleich etwas süß, sauer und etwas adstringierend. Ja, so schaumig, das das Wort in der englischen Sprache den übertragenen Sinn von „something insubstantial and frothy: esp. floridly vapid discourse or writing“ annehmen konnte.

Gleichzeitig aber ein höchst traditionelles und bodenständiges Dessert, das im 17. Jahrhundert noch – so heißt es jedenfalls in einigen zeitgenössischen Rezepten – direkt im Kuhstall hergestellt wurde, indem man eine Kuh direkt in einen Eimer voll Cider, Verjus oder Wein gemolken hat: „If it be in the Field, only milk the Cow into the Cyder, &c. and so drink it.“ schreibt Frederick Nott in seinem „Cook’s and Confectioner’s Dictionary“ aus dem Jahr 1723 (pdf). Unsere Kuh heißt Sahnesiphon – denn darum geht es ja bei der Syllabuberei am lebenden Euter: einen festen Strahl Milch, der einen luftigen Schaum erzeugen kann – und unser Cider heißt Sherry. Und damit geht es auch schon los mit Heston Blumenthal’s Zitronen-Syllabub:

Zutaten

  • 1 l Wasser
  • 250 g Zucker
  • Saft von 3 Zitronen
  • Zesten von 1 Zitrone
  • 90 ml süßer Sherry
  • 120 ml entrahmte Milch (Magermilch)
  • 30 ml Schlagsahne
  • 2 Thymianzweige (einem anonymen Rezept von 1677 nach könnte man stattdessen auch einen Rosmarinzweig nehmen)
  • 1/2 Zimtstange

Zubereitung

  1. Zunächst die Limonade (hier lohnt es sich, gleich einmal mehr vorzubereiten): Das Wasser mit dem Zucker zum Kochen bringen, dann vom Feuer nehmen und etwas abkühlen lassen. Dann den Zitronensaft und die Zesten hinzugeben. Kaltstellen.
  2. 180 ml Limonade durch ein Sieb in einen Maßbehälter gießen, dazu dann Sherry, Milch und Schlagsahne. Umrühren, damit die Milch nicht ausflockt. Dann den Thymian und die Zimtstange dazugeben und für 2-3 Stunden kaltstellen.
  3. Die Flüssigkeit durch ein feines Sieb in den Sahnesiphon gießen, ein bis zwei N2O-Patronen aufschrauben und in den Kühlschrank stellen.
  4. Zum Servieren etwas Limonade in ein Glas – im Idealfall ein Syllabubglas – gießen und mit Schaum aufsiphonieren.

Weitere Syllabub-Rezepte gibt es bei Chefkoch.de, bei Food & Heritage sowie im San Lorenzo-Blog.

Einfache und molekulare Küche – ein Scheingegensatz?

In New York gibt es eine interessante Gruppierung, die sich „Culinary Historians of New York“ (CHNY) nennt. Die Mitglieder – Gourmets, Wissenschaftler, Historiker, Autoren und New York City-Fans – treffen sich im monatlichen Rhythmus um über diverse ernährungshistorische Themen vom Hamburger bis zum Absinth zu diskutieren. Das letzte Mal ging es um die Differenz zwischen einfacher und komplexer Ernährung. Dazu hatten sie sich die Nahrungshistorikerin Rachel Laudan, die im Übrigen auch ein eigenes, sehr lesenswertes Blog führt, eingeladen, die dort einen Vortrag hielt über

the differences between “refined cookery” and “plain fare.” This difference has played a role in civilized culture since the time of the ancient Greeks and continues at present in the form of “molecular gastronomy” versus “local, seasonal, organic” simple cuisine, or at the extreme, the “raw food” movement.

Auf den ersten Blick ist diese Differenz nachvollziehbar, zum Beispiel wenn man sich auf dem einen Teller einen Rohkostsalat vorstellt und auf dem anderen die Gemüsegelatinen von Ferran Adrià, die nur noch die Geschmacksessenzen ihrer Zutaten enthalten.

Schwierig wird es jedoch, wenn man sich fragt, was hier mit „molekularer Gastronomie“ gemeint ist. Wenn damit die kulinarische Aufklärung à la Thomas Vilgis, Harold McGee oder Hervé This gemeint ist, fällt dieser Unterschied in sich zusammen, da auch Rohzutaten bzw. sehr einfache Rezepte molekularkulinarisch analysiert und beschrieben werden kann. Zudem: ist ein Gelatinewürfel nicht „plain fare“?

Wenn dagegen die neue Avantgarde der Haute Cuisine gemeint ist, ist der Unterschied ebenfalls nicht so einfach. Das wird schnell deutlich, wenn man einen Blick in das Manifest Statement on the ’new cookery‘ wirft, das Ferran Adrià, Heston Blumenthal, Thomas Keller und Harold McGee gemeinsam veröffentlicht haben: „We wish to work with ingredients of the finest quality“. In Ferran Adriàs zweiten von 23 Geboten heißt es entsprechend:

die verwendung von produkten höchster qualität wird als selbstverständlich vorausgesetzt, ebenso wie das technische wissen, diese zu verarbeiten.

In den meisten der Avantgarderestaurants geht es dementsprechend um das Kochen mit lokalen und biologischen, z.T. auch saisonalen Produkten. Sergio Herman kocht in seinem Restaurant Oud Sluis saisonal, biologisch und lokal: das Paradebeispiel sind die Zeeland-Austern. In dem Artikel wird als Beispiel für die „einfache“ Küche David Changs Schweineimperium genannt. Aber: ist Adriàs Gemüsegelatine – Karotten entsaften, durch ein Sieb gießen, mit Gelatine und Agar versetzen – nicht sehr viel einfacher und „unprozessierter“ als jedes beliebige Gericht aus der Momofuku-Speisekarte?

Das spannende an der molekularen Gastronomie ist, dass sie eben diesen Unterschied zwischen einfach und kompliziert, bodenständig und wissenschaftlich und sogar dem Rohen und dem Gekochten in Teilen außer Kraft setzt.