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Zitronenlimonade-Syllabub nach Heston Blumenthal

img_7100.jpgDie englische Süßspeise „Syllabub“ ist ein perfekter Kandidat für die molekulare Küche: ein luftiger, fast schon vergeistigter Schaum, zugleich etwas süß, sauer und etwas adstringierend. Ja, so schaumig, das das Wort in der englischen Sprache den übertragenen Sinn von „something insubstantial and frothy: esp. floridly vapid discourse or writing“ annehmen konnte.

Gleichzeitig aber ein höchst traditionelles und bodenständiges Dessert, das im 17. Jahrhundert noch – so heißt es jedenfalls in einigen zeitgenössischen Rezepten – direkt im Kuhstall hergestellt wurde, indem man eine Kuh direkt in einen Eimer voll Cider, Verjus oder Wein gemolken hat: „If it be in the Field, only milk the Cow into the Cyder, &c. and so drink it.“ schreibt Frederick Nott in seinem „Cook’s and Confectioner’s Dictionary“ aus dem Jahr 1723 (pdf). Unsere Kuh heißt Sahnesiphon – denn darum geht es ja bei der Syllabuberei am lebenden Euter: einen festen Strahl Milch, der einen luftigen Schaum erzeugen kann – und unser Cider heißt Sherry. Und damit geht es auch schon los mit Heston Blumenthal’s Zitronen-Syllabub:

Zutaten

  • 1 l Wasser
  • 250 g Zucker
  • Saft von 3 Zitronen
  • Zesten von 1 Zitrone
  • 90 ml süßer Sherry
  • 120 ml entrahmte Milch (Magermilch)
  • 30 ml Schlagsahne
  • 2 Thymianzweige (einem anonymen Rezept von 1677 nach könnte man stattdessen auch einen Rosmarinzweig nehmen)
  • 1/2 Zimtstange

Zubereitung

  1. Zunächst die Limonade (hier lohnt es sich, gleich einmal mehr vorzubereiten): Das Wasser mit dem Zucker zum Kochen bringen, dann vom Feuer nehmen und etwas abkühlen lassen. Dann den Zitronensaft und die Zesten hinzugeben. Kaltstellen.
  2. 180 ml Limonade durch ein Sieb in einen Maßbehälter gießen, dazu dann Sherry, Milch und Schlagsahne. Umrühren, damit die Milch nicht ausflockt. Dann den Thymian und die Zimtstange dazugeben und für 2-3 Stunden kaltstellen.
  3. Die Flüssigkeit durch ein feines Sieb in den Sahnesiphon gießen, ein bis zwei N2O-Patronen aufschrauben und in den Kühlschrank stellen.
  4. Zum Servieren etwas Limonade in ein Glas – im Idealfall ein Syllabubglas – gießen und mit Schaum aufsiphonieren.

Weitere Syllabub-Rezepte gibt es bei Chefkoch.de, bei Food & Heritage sowie im San Lorenzo-Blog.

Die Molekularköche wünschen ein gutes neues Jahr 2008 – mit einer Crema Catalana nach Ferran Adrià

Das waren also die ersten acht Wochen Molekularküchenblog. Viel Spaß hat es gemacht und immer öfter auch gut geschmeckt. Wenn sich dieser Trend ins neue Jahr fortsetzt, können wir gespannt sein. Jetzt verabschieden sich die Molekularküchenblogger von dem alten Jahr 2007 mit einem Rezept für einen Crema Catalana-Schaum nach Ferran Adrià. Momentan befindet sich die Masse im Sahnesiphon und wartet darauf, das abendliche Mahl mit einem fruchtig-cremig-süßen Akzent zu versehen. Das Endprodukt haben wir also noch gar nicht verköstigt, aber die Grundmasse schmeckt schon derart lecker, dass wir dieses Rezept hier ohne Bedenken weitergeben können. UPDATE: Die geschäumte Endfassung hat die Erwartungen übertroffen. Herrlich.

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Zutaten (für einen 0,5l-Sahnesiphon)

  • 3/4 Tassen Sahne
  • 3/4 Tassen Vollmilch
  • 1/2 Vanilleschote, halbiert
  • 1/2 Zimtstange
  • Zesten von 1/2 Orange
  • Zesten von 1/4 Zitrone
  • 4 Eigelb
  • 1/4 Tasse Zucker
  • 1 Esslöffel Mehl

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Zubereitung

  1. Milch, Sahne, Vanille, Zimt und Zesten auf mittlerer Flamme erhitzen. Dann vom Feuer nehmen und fünf Minuten ziehen lassen.
  2. Eigelb, Zucker und Mehl schaumig schlagen.
  3. Die etwas abgekühlte Milch-Sahne-Mischung durch ein Sieb in die Eigelb geben, dabei rühren. Mit dem Schneebesen glatt rühren.
  4. In einem Topf ca. 10 Minuten unter Rühren langsam erhitzen bis eine Temperatur von 75°C erreicht ist. Wer zuviel Zeit hat, kann das Ganze auch im Wasserbad erhitzen. In jedem Fall danach die Masse durch ein Sieb in eine Schüssel gießen und im Eiswasser abkühlen lassen.
  5. In einen Siphon geben, zuschrauben und die N2O-Kapsel aufschrauben. Für mindestens 15 Minuten kalt stellen. Man kann die Crema aber auch bis zu drei Tage im Siphon im Kühlschrank aufbewahren. Das Gas agiert dabei als Schutzatmosphäre.

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Quelle: Epicurious, siehe auch hier

Asturischer Milchreis (Crema de arroz con leche requemada)

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Angeregt von Adriàs Lob der asturischen Küche im Restaurant Casa Gerardo, habe ich mich gleich einmal drangemacht, eines der Rezepte des Hauses nachzukochen: Crema de arroz con leche requemada. Immerhin sagt man ja, dass der Milchreis einst in Asturien erfunden wurde.

Zutaten

  • 125g Reis
  • 1,7l Milch
  • 90g Butter
  • 150g Zucker
  • 1 Zimtstange
  • 1/2 Vanilleschote

Zubereitung

  • In einem Topf Milch zum Kochen bringen, dann Reis, Zimt und Vanille zugeben. (Alternative: Reis in einem zweiten Topf in doppelter Menge Wasser mit Zimt und Vanille mit großer Hitze vorkochen, bis die gesamte Flüssigkeit aufgesogen bzw. verdampft ist, danach alles in den Topf mit der kochenden Milch geben. Dafür etwas weniger Milch verwenden)
  • So lange kochen lassen, bis die Mischung cremig wird (bis 2,5h). Währenddessen immer wieder mit einem Holzlöffel umrühren um zu verhindern, dass der Reis anbrennt.
  • Wenn die gewünschte Konsistenz erreicht ist, Butter nach und nach zugeben und dann den Zucker unterrühren.
  • In einer Schüssel oder auf Tellern servieren. Mit etwas Zucker und Zimt bestreuen und mit einem heißen Eisen karamelisieren lassen („requemado“).

Das Ergebnis: Ein herrlich cremiger Milchreis mit einem feinen Vanille-Zimt-Geschmack.

(Rezepte siehe hier, hier und natürlich hier.)

Frischkäse selbst gemacht: Karahi Paneer

Einer der Lieblingszutaten der molekularen Experimentatoren ist die Milch, eine „komplexe Flüssigkeit“ im Physikerjargon. Im Folgenden wird demonstriert, wie man daraus mit etwas Komplexitätsreduktion einen indischen/pakistanischen Paneer-Käse herstellt. Man muss nur etwas Joghurt in die Milch (hier: 150g Joghurt auf 300ml Milch) kippen und das Ganze dann unter ständigem Rühren langsam erwärmen:

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Nach kurzem Rühren beginnen sich die ersten Klumpen zu bilden und irgendwann hat sich dann das Milchprotein in Quark verwandelt. Was passiert? Die Wirkung des κ-Caseins, das durch seinen lipophilen und hygrophilen Teil Fett und Wasser in einer Emulsion verbinden kann und darüber hinaus die einzige Casein-Komponente ist, die auch in der Gegenwart von Ca2+-Ionen in der Milch löslich ist und deshalb auch die α- und β-Casein-Komponenten vor der Ausfällung schätzen kann, wird abgeschwächt, so dass die Milch gerinnt und sich die festen (Quark) und flüssigen Bestandteile (Molke) voneinander absondern (siehe dazu auch Prof. Blume).

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Der Käse ist fertig und man muss die Masse nur noch durch ein feines Mulltuch gießen um die Fett- und Caseincluster von der Molke zu trennen:

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Jetzt kommt der schönste Teil des ganzen Prozederes: den Käse ordentlich auswringen, bis wirklich nur noch Käse in dem Tuch übrigbleibt. Tuch und Käse dann unter einem Topf voller Wasser mehrere Stunden lang pressen. Je länger der Käse gepresst wird, desto fester wird die Konsistenz. Danach sieht der Käse schon richtig gut aus und lässt sich in Würfel schneiden:

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Damit kann man zum Beispiel mit wenig Aufwand ein „Karahi Paneer“ zaubern:

Zutaten

  • 500g Tomaten
  • 250g frisch auf die oben beschriebene Weise hergesteller Paneer-Käse, in Würfel geschnitten
  • 1 nicht zu fein gehackte Zwiebel
  • 2 Esslöffel Butterschmalz oder noch besser geklärte Butter
  • 4 Esslöffel Chilipulver
  • 1 Esslöffel Kurkuma
  • 3 Esslöffel gemahlener Koriander
  • 1,5 Esslöffel Bockshornklee
  • 0,5 Esslöffel Zucker
  • Salz zum Abschmecken

Tomaten weich kochen und pürieren. Butter in Pfanne erhitzen, Zwiebeln darin anbraten. Dann das Tomatenpüree hinzugeben und mit den Gewürzen vermengen. Aufkochen. Dann den Käse zugeben und gut kochen lassen, dass der Käse das Aroma aufnehmen kann.

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(Quellen: Käseherstellung aus Thomas Vilgis‘ Buch „Die Molekül-Küche“, S. 169, Karahi-Paneer von Bawarchi)