Monatsarchiv: März 2008

It's the spirit, stupid! (Das Ende der molekularen Küche II)

69566559_ef96d49ed3.jpgLisa Abend fragt in einem lesenswerten Beitrag für eines unserer Lieblingsonlinemagazine, Slate, ob die spanische Avantgardeküche (wohlgemerkt: es geht hier nicht nur um die molekulare Küche und ihre Imitatoren, sondern auch um Marcos Morán, Angel Léon, Ramón Freixa und Martin Beratesegui) nicht schon ihren Zenit überschritten habe (siehe dazu auch diesen Beitrag):

And so, I have to ask: Isn’t anybody tired of this stuff by now?

Sie blickt noch einmal zurück auf die Schockwellen, die Ferran Adriàs innovative Küche in der Welt der gehobenen Restaurants ausgelöst hat: eine hochtechnisierte, intellektuelle und darüber hinaus oft auch noch köstliche neue Form des Kochens. Abend springt aber nicht auf den Zug der technologiefeindlich-reaktionären Kritik auf, ja diesem Diskussionsstrang nimmt sie mit dem kurzen Einschub „as if an oven weren’t a machine“ den Wind aus den Segeln. Folgende Punkte finde ich an ihrer ausführlichen Kritik besonders diskussionswürdig:

  • Schäume: Wer die Speisekarte des Dreisternerestaurants elBulli durchliest, wird sich schwer tun, Adrià noch als Herr der Schäume zu bezeichnen. Aber für viele Anhänger der molekularen Küche sind Espumas nach wie vor der heilige Gral der Avantgardeküche. Alles, was sich nur irgendwie pürieren lässt, wird in den Siphon gefüllt und als Schaum serviert, am besten noch kryogehärtet.
  • Historisierung: Kann man noch von Avantgarde und Revolution sprechen, wenn die historische Aufarbeitung des Adrià’schen Projektes schon begonnen hat und die ersten historischen Einordnungen präsentiert werden, wie z.B. von Pau Arenós, der die von ihm so genannte „Techno-Emocionale“ in die Tradition von Escoffier stellt? Diesen Punkt teile ich nur bedingt, denn: Wann immer sich eine Küche als Avantgarde oder Revolution bezeichnet, verwendet sie ein altes und bewährtes Vokabular zur Selbstdarstellung. Damit historisiert sie sich selbst.
  • Demokratisierung: Jeder kann sich die Texturmittel kaufen, auf denen die spektakulären Kreationen der molekularen Küche basieren. Die Aura geht verloren. Auch bei diesem Punkt bin ich nicht Abends Meinung. Demokratisierung ist der falsche Begriff, denn die Hobbyküche übernehmen ja nur die Techniken und Reagenzien der molekularen Küche (bzw. der Lebensmittelindustrie). Es findet kein Feedback statt und somit auch keine demokratische Beteiligung. Das sehe ich eher in Veranstaltungen wie Hervé This‘ Seminaren („Thème du séminaire : les meringues françaises sont-elles meilleures quand elles refroidissent dans le four après cuisson ?„) oder den Foodhacker-Events. Und die würde ich eher als wertvolle kulinarische Alphabetisierung sehen denn als problemtische Verpöbelung einer elitären Kulturtechnik.
  • Nachrichtenökonomie: Da sich in der molekularen Küche momentan keine weltbewegenden Neuerungen mehr abspielen, so Abends letzter und wundervoll selbstkritischer Punkt, beginnen die Foodkritiker nun eben damit, diese Küche auseinanderzunehmen und ihr Ende herbeizuschreiben: „Food writers have to write about something, and if we can’t write about a new trend, we might as well tear down an old one.“

Insofern hat das „Ende der molekularen Küche“ auch eine angenehme Nebenfolge. Wenn die Scheinwerfer nicht mehr im selben Maß darauf gerichtet sind und die Foodpresse weiterzieht und die nächsten Trends sucht (Nanoküche vielleicht?), hat man wieder Zeit und Ruhe, sich mit dem Wesentlichen zu beschäftigen: Welche Techniken und Ansätze haben sich bewährt, welche sollte man über Bord werfen. Welche Köche haben eine eigene Handschrift entwickelt, welche sind nur Plagiatoren? Was eignet sich wirklich für den Hausgebrauch, was sollte man lieber den Profis überlassen? Genau dasselbe ist in den 90ern mit der nouvelle cuisine passiert – und es hat ihr nicht geschadet. Sie beschließt ihren Artikel mit ein paar der einsichtigsten Sätze über die molekulare Küche, die ich bisher gelesen habe:

What lies at its heart is not a particular dish—not even the emblematic foam. Rather, it’s a spirit—a vigorous, often intellectual search for new flavors that takes place not just in gardens and pantries but in landscapes and art exhibitions, and, yes, in the laboratory. And that isn’t going away.

Dieses Statement kann ich mit gutem Gewissen unterschreiben: „It’s the spirit, stupid!“

(Abbildung: „Tangerine-Lemon Espuma“ von A la cuisine!, CC-Lizenz)

Molecular Gastronomy is just so 2006! (Das Ende der molekularen Küche I)

… just so ante-sub-prime-crisis! Und da ist was dran. Die Modewelle ist, so scheint es, bereits zur Gischt zusammengeschlagen. Irgendwie kommt keine Business-Veranstalltung mehr ohne den Show- und Aha-Effekt der Schäume und flüssigen Gase aus, kein lokaler Kochklub, der nicht Gel-Kügelchen in Kalziumchlorid tropft.

Viel entspannter, aber in der Laxheit ungleich tödlicher, beschreibt Rina Rapuano ihren Eindruck des Tast of the Nation Events im Gastro-Blog des Washingtonian und nennt die Molekulare Küche als den beliebtesten Showstopper des Abends:

Molecular gastronomy might be so 2006, but it’s still fun to watch. And if it tastes delicious, all the better. Butterfield 9 chef Michael Harr dipped a mixture of black peppercorn, lavender honey, and bleu cheese into a smoking cauldron of liquid nitrogen and poured it over a dollop of beet purée. Next to him, pastry chef Manabu Inoue popped disks of white-chocolate espuma into the liquid nitrogen, then plated it with a black-cherry sauce and sprinkled it with dark-chocolate flecks.

Nein – das molekulare Kochen im Sinne einer schwachen Nachahmung von Adrià, Amador oder Aznar ist wirklich eine fade Sache.
Die interessanten Impulse werden hier vom Gros der Köche so wenig aufgegriffen wie in den Achzigern die wertvollen Anregungen der Nouvell Cuisine.

Uns geht es aber nicht um Schäume – um das einfach mal explizit zu sagen – sondern um:
– Entrümpelung; Ockhams Rasiermesser endlich auch in der Küche!
– Klarheit; Grundlagen des Geschmacks beim Namen nennen
– Bedeutung; Kochen und Essen als Kommunikation

und natürlich Rezepte, die wir unter diesen Aspekten kochen.

Ich plädiere jetzt für das Ende des Begriffs Molekularküche.

Sensorische Prüfung

Die Qualität von Lebensmitteln wird nach deutschem und EU-Agrarrecht ausschließlich nach messbaren Kriterien wie Form, Farbe oder Inhaltsstoffen beurteilt. Der Geschmack bleibt vollkommen ohne Berücksichtigung; unglaublich dumm, aber wahr.
Äpfel, Tomaten, Kartoffeln oder Käse werden durch die marktverzerrenden Subventionen so zu genormten Objekten vereinheitlicht.

Der Protest, vor allem französischer Agrar-Revolutionäre wie José Bové, hat in die bezüglich kulinarischer Themen eher passive Öffentlichkeit zum Glück etwas sensibilisiert. (Diesem Themenkomplex müssen wir uns in nächster Zeit unbedingt noch ausführlich stellen!) Aber auch im Verbraucherschutz ist der Geschmack von Speisen fast nie ein Thema – vorherrschend sind gesundheitliche Aspekte oder das Aufdecken von Hygiene-Skandalen – beides ist ja auch wirklich wichtig …

In den USA ging der Verbraucherschutz interessanter Weise einen anderen Weg. Vom Moment der Gründung an waren Lebensmittel ein zentrales Thema der Consumer Reports, deren erste eigenständige Veröffentlichung sich Milch und Cerealien widmete. Schon der Begriff – in USA heißt es Consumer Rights, bei uns müssen Verbraucher geschützt werden – spricht Bände über das Menschenbild.

Anders als die Stiftung Wahrentest, die nicht selbst testet, sondern Institute beauftragt, verfügen die Consumer Reports über eigene große und moderne Labors. Und es gibt eine eigene Abteilung zur sensorischen Prüfung und zwar insbesondere zur olfaktorischen. Getestet wird nicht nur der Geschmack von Lebensmitteln, sondern auch Gerüche von Non-Food-Artikeln.

Die Leiterin der Abteilung, Maxine Siegel beschreibt in Wired, auf welche Weise sich die Tester auf ihre Aufgabe vorbereiten:

„We’ll use a penny to get a baseline for a metallic taste, Crisco for that fatty mouthfeel, cornstarch mix for a chalky texture. We’ll chew on birthday candles to get a sense of wax.“

Nathan Myhrvold – Sous-Vide-Evangelist

Vordenker von Microsoft – das war der Titel zweifelhafter Ehre, mit dem die Presse Nathan Myhrvold, den ehemaligen CTO von Microsoft üblicher Weise schmückte.

Fast jeder von uns ist praktisch täglich mit der spießigen Windows-Oberfläche und der quälenden Geschwätzigkeit der Assistenten und Dialogfelder konfrontiert, die sich die Träger viereckiger Brillen in den Neunzigern ausgedacht hatten.

Dass ehemalige Microsoft Top-Manager versuchen, nach getaner Arbeit sich durch ein poppiges oder irgendwie abgefahrenes und möglichst teures Hobby zu veredeln (oder sollten wir besser gastronomisch formulieren – zu verfeinern), ist spätestens seit den Saurierskeletten von Paul Allen klar.

Nach einem eher gelangweilten Zwischenspiel als Förderer von SETI scheint Myhrvold seine neue Berufung jetzt darin gefunden zu haben, für Sous-Vide-Küche zu werben. Zur Erinnerung: diese Form des Niedertemperatur-Garens ist in den USA unter dem Vorwand der Hygiene stark unter Beschuss. Daher sind es vielleicht doch mehr libertäre als kulinarische Gründe für Myrhvold, sich nach Jahren ausgerechnet auf diese Weise zurück zu melden.

Wired war es im letzten Heft jedenfalls eine Story wert …

Fett – der sechste Geschmack?

52651027_bff1961a3d.jpgÜber den fünften Geschmack „Umami“, der bislang vor allem in der japanischen Küche entsprechend gewürdigt wurde, haben wir in diesem Blog bereits einige geschrieben. Zudem hat unsere Umami-Blograllye einige spannende Rezepte für kräftig umami schmeckende Gerichte zu Tage gebracht. Aber mit fünf Geschmacksrichtungen ist das Repertoire der menschlichen gustatorischen Wahrnehmung noch nicht ausgereizt. Schon seit längerem bemühen sich Forscher wie Fabienne Laugerette, Fett zum sechsten Geschmack zu erheben (Artikel „Do We Taste Fat?“ als pdf). Wobei sie bislang nur für Nagetiere belastbare Indizien dafür haben:

Although this finding suggests that „fatty“ might constitute a basis taste, at least in mice, and rats, further experiments are required to explore the putatitve health impact of this orosensory system.

War es bei Umami halbwegs schwierig, die Eigenschaft von zum Beispiel Glutamatsalzen als Geschmacksverstärker von ihrem eigenen Geschmack zu differenzieren – in der französischen Küche liefern Champignons den Ausgangspunkt für viele feine, nicht explizit nach Pilzen schmeckende Saucen -, im Falle des Fetts wird es noch schwieriger. Denn Fett ist selbst ein Geschmacksträger, da sich einige Aromastoffe nicht in Wasser, sondern nur in Triglyzeriden wie Fetten oder Ölen lösen. Die Geschmacksstoffe werden dann quasi über die Geschmacksknospen „geschmiert“. Man denke zum Beispiel an ein das herzhafte Aroma eines angeschwitzten Soffrittos aus Zwiebeln und Sellerie.

Diese Eigenschaft als Geschmacksträger ist unbestritten, dazu kommt, dass Fett im Zusammenspiel mit Bindegewebe und Muskeln einen wichtigen Texturbeitrag zum Geschmackserlebnis sagen wir eines gut marmorierten Steaks liefert:

Fat lubricates meat for example, making it easier to chew as muscle fibres slip apart and also makes it seem juicy at the same time. Have you ever noticed how a lean cut of meat such as veal, seems to become dry after very little chewing and how we place a premium on well marbled steak, waygu being the supreme example?

Doch muss man dem Fett tatsächlich den Status einer grundlegenden Geschmacksrichtung zusprechen? Verstößt man damit nicht gegen das bewährte Sparsamkeitsgebot? Zumal man Fett und Öl kaum von ihrer charakteristischen Textur – fettig, ölig, auf der Zunge zergehend – trennen kann? Kann man sich etwas fettig schmeckendes vorstellen, das keine fettige Konsistenz hat? Gibt es Beispiele dafür?

(Abbildung „Speck“ von tschörda, CC-Lizenz)

Form und Inhalt: "Serviervorschlag"

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Ein ganz wichtiger Leitsatz der modernen Lebensmittelindustrie ist die Phrase „Packungsinhalt kann von Abbildung abweichen“ bzw. die Kurzform davon: „Serviervorschlag„. Damit wird die Differenz zwischen dem tatsächlichen Erscheinungsbild eines industriell produzierten Lebensmittel und seiner medialen Repräsentation gekennzeichnet.

Die (begründete) Befürchtung der Lebensmittelindustrie besteht darin, dass Lebensmittel, deren Packungsabbildung eine wahrheitsgemäße Abbildung des Inhaltes wäre, niemand kaufen würde. In zahlreichen Fällen sind die tatsächlichen Bestandteile eines Produktes sogar überhaupt nicht an Geschmack oder Textur erkennbar, so dass diese visual cues eine notwendige Information für den Konsumenten darstellen.

Aber diese Werbebilder haben natürlich auch etwas von idealtypischen Vorstellungen oder gar Archetypen an sich. Sie zeigen, wie ein Gericht oder ein Lebensmittel im Idealfall aussehen würde – wie seine platonische Idee aussieht, wenn man sie in die Küche holen könnte. Dass das Produkt, wie es sich nach dem Öffnen darstellt, damit nicht viel zu tun hat, liegt dieser Perspektive nach auf der Hand: Idealbilder kann man einfach nicht essen.

Deutlich erkennt man also, welche Bestandteile eines Fertiggerichts zum Beispiel als Teil der Idee des Gerichts betrachtet werden und welche nur ein notwendiges Übel darstellen, das der Industrialisierung der Produktion geschuldet ist. Tomaten und Kräuter werden auf einer Ketchupflasche dargestellt – Xanthan und Glucose fehlen.

Das Projekt „werbung gegen realität“ hat eine eindrucksvolle Bildergalerie online veröffentlicht, die jeweils den Packungsaufdruck von Lebensmitteln und fotografische Darstellungen ihres tatsächlichen Inhaltes nebeneinander ablichtet. Das Ergebnis mutet in einigen Beispielen – was würde man sonst erwarten – erschreckend und bisweilen sogar ekelerregend an.

Manchmal meint man aber auch eine Art kindlich sturen Glaubens zu erkennen, dem noch der kleinste Überrest an Ähnlichkeit eines prozessierten Speisebreis mit einem italienischen Pastagericht Anlass bietet, an eine wahrheitsgemäße Abbildung zu glauben.

Zur Anregung hier ein Video des Projekts:


werbung gegen realität – MyVideo

(via Shopblogger, Abbildung: „Serviervorschlag„, Gemeinfrei)

Goji, Joselito und Cubeben – die Welt über neue Foodtrends

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Eine recht lesenswerte Bestandaufnahme der jüngsten Trendlebensmittel hat Robert Lücke für die Welt am Sonntag verfasst. Darin findet sich neben vielen exotischen Namen wie Goji-Beere (Gemeiner Bocksdorn), Queller (eine der wenigen Pflanzen, die intensiv nach Salz schmecken), Eisperlensalat (Eiskraut), Vogelmiere, Mangostan, Pomelo, Arganöl, Joselito-Schinken (nicht erst seit dem prominenten Auftritt in Bourdains Film „Decoding Adrià“ unter Verdacht, der beste Schinken der Welt zu sein, außerdem bekannt als Begleiter zu Blumenthals Schneckenporridge), Maränenkaviar, Malabar-, Telicherry- und Cubebenpfeffer natürlich auch ein Verweis auf die molekulare Küche, die als nicht besonders originell dargestellt wird:

Es ist beim Essen ja nicht viel anders als in der Mode. Fast alles war schon mal da und kommt nur in neuem Gewand wieder. Vieles ist so überflüssig wie Handtaschen aus Hühnerbeinleder, anderes wird überschätzt, etwa die sogenannte Molekularküche, deren Techniken in der Lebensmittelindustrie teilweise seit Jahrzehnten gebräuchlich sind, was auch einer deren Urväter, Ferran Adrià, immer wieder betont, aber kaum jemand registriert.

Das ist zwar nicht falsch, aber ebenso oft hat Ferran Adrià betont, dass die Lebensmittelchemie und -wissenschaft bislang fast nie auf die Gastronomen zugegangen ist. Beide Diskurse sind bis in die jüngste Vergangenheit parallel gelaufen, ohne dass die vielfältigen Berührungespunkte erkannt und diskutiert wurden. Diese Brücke ist erst mit den Seminaren von Nicolas Kurti entstanden. Außerdem: auch wenn Hydrokolloide in der Lebensmittelindustrie schon lange Zeit in Standardverfahren Eingang gefunden haben – die Anwendung in der Haute Cuisine ist Neuland, was man auch immer wieder an den fast schon paranoiden Abwehrreaktionen des kulinarischen Konservatismus erkennen kann.

(Abbildung „Questionable Goji Berries?“ von worldmegan, CC-Lizenz)

Sous-vide für alle!

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Bislang waren meine Experimente mit dem sous-vide-Garen, also dem langsamen Garen von vakuumverpackten Fleisch und Fisch bei niedrigen Temperaturen, nicht richtig befriedigend. Vor allem die Schwierigkeit, mit einem Elektroherd und einem offenen Kochtopf die richtige Temperatur über eine längere Zeit konstant zu halten, hält mich davon ab, mich mit diesem Thema ernsthaft auseinanderzusetzen.

Doch jetzt gibt es möglicherweise eine Lösung: Im Blog von chadzilla ist von einem Thermostat namens „Sous Vide Magic“ zu lesen, mit dessen Hilfe man einen gewöhnlichen Reiskocher in ein Wasserbad verwandeln kann, dessen Temperatur auf ein Grad Celsius genau geregelt werden kann. Und das für einen Preis von gerade einmal 200 US-Dollar.

Ein paar Anweisungen für das richtige sous-vide-Garen findet man zum Beispiel in diesem Wired-Feature über den ehemaligen Microsoft-CTO Nathan Myhrvold, der durch seine Beiträge im eGullet-Forum mittlerweile zum geheimen sous-vide-Guru der Foodhacker avanciert ist. Mir gefällt es immer, wenn man Dinge so knapp formulieren kann wie:

Cook short ribs forever.

Übrigens: im Oktober 2008 erscheint im Matthaes-Verlag das Buch „Sous-Vide: Garen im Vakuum“ von Viktor Stampfer (Küchenchef des The Ritz-Carlton in Dubai).

Salz der Erde – Salz des Meeres

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Paula Wolfert zitiert in ihrem Standardkochbuch zur Südwestfranzösischen Küche des Gaskonischen Koch Maurice Coscuella mit folgenden Worten:

„Have you noticed there are some salts that don’t actually salt?“ He went on to explain that some salts are much saltier than others, some are merely salty, and others have a real flavor.

Dennoch: immer wieder ignoriert man diese Vielfalt in vielen Rezepten, in denen nur die Rede von „einer Messerspitze Salz“ ist oder nur die Anweisung zu lesen ist, das Gericht „zu salzen“. So kann man zum Würzen eines Gigot à la Bordelaise entweder ein jodiertes Speisesalz verwenden, das mit einer Art Wasserstaubsauger aus den Bergwerken gespült wird, oder aber ein zartrosa fleur de sel von der Ile de Ré oder aus der Guérande, eine hauchdünne oberflächlichen Kruste, die vorsichtig von den Salzbetten am Meer abgekämmt wird, bevor sie sich mit dem gewöhnlichen sel gris vermischen kann.

Zum einen unterscheiden sich Form und Textur der beiden: das eine Salz besteht aus relativ regelmäßigen kubischen Kristallen und knirscht beim Zerkauen auf den Zähnen, während das andere zwar knusprig ist, aber förmlich auf der Zunge schmilzt. Zum anderen kann man auch Geschmacksunterschiede erkennen: dem oft etwas stechend-salzigen Aroma des Speisesalzes steht ein leicht algig-meeriger Geschmack der Salzblume gegenüber. Man vermutet, dass im fleur de sel Spuren von Fetten und Algenaromastoffen enthalten sind, die durch den natürlichen Trocknungsprozess in das Salz gelangen. McGee schreibt dazu:

This is possible, since the interface between water and air is where aroma molecules and other fatty materials would concentrate; but to date the aroma of sea salts has not been much studied.

Salz ist also nicht gleich Salz.

Tatsächlich gibt es nur wenige wissenschaftliche Artikel, die sich mit diesem Stoff auseinandersetzen – eine verschwindende Zahl, wenn man sie zum Beispiel mit der Fachliteratur zu Parmesan oder Balsamico vergleicht. Das ist auch deshalb erstaunlich, weil einer unserer 5+x Geschmackssinne extra auf diesen Stoff spezialisiert ist, einen Stoff, der in anderen Lebensmitteln wie Früchten oder Fleisch nicht nennenswert vorkommt. Wäre nicht die Fähigkeit, zwischen Salzwasser und Trinkwasser zu diskriminieren, überlebenswichtig für die Spezies, dann könnte man hier fast an ein intelligent design glauben, das den Menschen perfekt dafür ausstatten, mit der Hilfe von Salz seine Nahrungsmittel in Genussmittel zu transformieren.

Pastarosen alla Romagnola

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Camp zum Essen – so in etwa könnte man diese „Roselline di Pasta alla Romagnola“ bezeichnen, ein Rezept, das Marcella Hazan durch ihre Assistentin Margherita Simili kennenlernen durfte.

Echte Rosen haben in der Küche der Apenninhalbinsel eine lange Tradition. So erwähnt Apicius ein Rosengericht, bei dem allerdings nicht die Form der gefüllten Blüte im Mittelpunkt stand, sondern der Geschmack: die Blüten wurden zermahlen und mit Fischbrühe versetzt durch ein Sieb gepresst. Diese Sauce reichte man dann zum Beispiel zu Hirn, Eiern oder zu einem Rosenkompott (minutal ex rosis). Auch im Rosenwein (rosatum) ist die Form der Rose nicht mehr zu erkennen, sondern nur ihre Aromastoffe (vor allem das Terpen Geraniol) werden auf den Wein übertragen. Plinius berichtet in seiner Naturalis Historia (Buch 21: „Natur der Blumen und Kranzgewächse“) zudem von eingelegten Rosen, die dann im Ganzen verzehrt wurden.

Hier die Anleitung zur Migration der Rosenform auf das Pasta-Terrain:

Zutaten

  • 1 Ei
  • 100g Mehl
  • Butter
  • Tomatenmark
  • 200ml Sahne
  • Muskatnuss
  • 700g Kochschinken in dünnen Scheiben
  • 450g Fontinakäse oder anderer Schnittkäse in dünnen Scheiben
  • Parmesan

Zubereitung

  1. Mehl und Ei zu einem seidig-glatten Nudelteig verkneten und mit der Pastamaschine dünn ausrollen (Stufe 8). Die Ränder der Teigplatten abschneiden und zu 25cm langen Rechtecken zuschneiden.
  2. Wasser in einem Topf zum Kochen bringen, salzen und die Teigplatten kurz kochen. Dann gleich wieder aus dem Wasser nehmen, in eine Schüssel mit kaltem Wasser legen. Dann die Teigplatten kurz unter kaltem Wasser abspülen, leicht auswringen und auf einem Küchenhandtuch zum Trocknen auslegen.
  3. Etwas Butter mit der Sahne in einem kleinen Topf bei mittlerer Hitze so lange erhitzen bis die Sahne etwas reduziert ist. Dann einen Esslöffel Tomatenmark einrühren und eine Messerspitze Muskatnuss dazugeben. Kochen bis das Tomatenmark sich ganz auflöst und die Sauce leicht sämig wird. Den Boden einer mittelgroßen Auflaufform mit etwas Sauce benetzen. Den Rest der Sauce aufheben.
  4. Ofen auf 220°C vorheizen.
  5. Die Nudelscheiben belegen mit dem Kochschinken und dem Käse. Dann die Nudeln zusammenrollen und mit einem scharfen Messer in gut 2cm breite Röllchen zerschneiden. Auf einer Seite kreuzweise einschneiden und die entstandene Rose leicht aufblättern. Die Rosen in die Form setzen, mit der restlichen Sauce einpinseln und etwas geriebenem Parmesan bestreuen. Eine Viertelstunde ganz oben im Ofen backen bis eine leichte Kruste auf den Rosen entsteht.