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Kärntner Kasnudeln


Man merkt, dass man sich hier schon im Süden befindet. Ein echter Pastateig aus Wasser, Mehl, Ei und Olivenöl liefert die Umhüllung für die erfrischend-cremige Füllung aus Quark (Topfen), Semmeln und Kartoffeln. Doch das Geheimnis liegt hier nicht so sehr in den Zutaten, sondern in dem Verschluss der Teigtaschen, für die die Kärntner eigens ein Verb geprägt haben: krendeln. Man drückt die Nudeln also nicht zu, sondern krendelt sie zu. Es geht nicht nur um den sicheren Verschluss, sondern um den ornamentalen Gestaltungswillen. Wie das geht, demonstriert Fini Brugger in diesem Video eindrucksvoll:

Auf den ersten Blick sieht es einfach aus, doch wie bei einem guten Magier scheine ich immer eine winzige Kleinigkeit, von der die Aufmerksamkeit abgelenkt wird, zu übersehen. So ein wunderschönes Flechtband – seit der Antike eines der schönsten und am häufigsten verwendeten Ornamente – habe ich einfach nicht hinbekommen. Vielleicht gelingt den Lesern dieses Blogs das ja besser? Hier geht’s zum Wettkrendeln.

Und so kann ich nur staunen über diese vertrackte Verzierung – das Geheimnis dieser Kärntner Nudeln besteht nicht nur darin, was im Inneren verborgen ist, sondern auch darin, wie dieses Schnürwerk zustande gekommen ist.

Zutaten (4 Portionen)

  • 200g glattes Weizenmehl
  • 1/2 Ei
  • 75 ml Wasser
  • Salz
  • Olivenöl
  • 250g Quark
  • 70g Würfel aus alter Semmel
  • 35g Butter
  • 100 ml Milch
  • 25g fein gehackte Zwiebeln
  • 50g gekochte Kartoffeln
  • 1 EL Minze
  • 1 EL Kerbel
  • Weißer Pfeffer
  • Butter oder in Butter geröstete Semmelbrösel zum garnieren

Zubereitung

  1. Mehl, Ei, Wasser, Öl und Salz so lange kneten, bis man einen glatten und elastischen Teig erhält. Mit Wasser oder Mehl korrigieren, wenn zu trocken oder zu flüssig. Etwas ruhen lassen.
  2. Zwiebeln in etwas Butter glasig braten. Währenddessen Quark, Semmelwürfel und Milch vermischen und etwas quellen lassen. Zwiebeln, Kräuter und passierte Kartoffeln zu der Mischung geben. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.
  3. Den Teig dünn ausrollen und etwa handtellergroße Scheiben ausstechen. Einen Löffel Fülle auf den Teig geben, halbmondartig zusammenfalten, Rand zudrücken und dann die Ränder krendeln (siehe Video).
  4. In siedendem Wasser ca. 15 Minuten kochen lassen. Abtropfen und mit brauner Butter oder Butterbröseln servieren.

Das Schokoladenweindebakel

Als ich gelesen habe, dass Heston Blumenthals „Schokoladenwein“ einen Innovationspreis des Condé Nast Traveller-Magazins gewonnen hat und zudem sein Restaurant „The Fat Duck“ wieder einen Spitzenplatz in der Liste der 50 besten Restaurants der Welt erreichen konnte, war mir sofort klar: Dieses Dessert muss in der Molekularküche nachgekocht werden – zumal wir in der letzten Zeit die Molekularküche im engeren Sinne doch etwas vernachlässigt haben. Die Würdigung durch die Verlagssprecherin klingt durchaus verlockend:

Splicing grapes with cocoa beans and coming up with a surprising chocolate wine has proved a winning formula for Blumenthal.

Und dann hat diese Speise auch noch eine Geschichte, die sich angeblich bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts zurückverfolgen lässt (obwohl: Belege habe ich noch keine dafür gefunden). Wiedermal ein schönes Beispiel für die Fähigkeit der Molekularen Küche, alte Traditionen mit neuen Mitteln wiederaufleben zu lassen. Aber um es kurz zu fassen: geschmeckt hat’s allzu widerwärtig.

Davon ganz abgesehen, dass die Konsistenz nicht unbedingt „samtig schaumig“ gewesen ist, wie es die Times-Journalistin schreibt, sondern eine merkwürdige Zwischenposition zwischen dem Festen und dem Flüssigen. Aber geschenkt. Am schlimmsten war der Geschmack, der aus den Trauben das Saure und der Schokolade das Bittere hervorgehoben hat und dafür die ausgleichenden Elemente – das Fruchtige und das Süße – vollkommen unter den Tisch fallen lässt. Zudem fügten sich die Komponenten nur physikalisch in ein homogenes Ganzes. Geschmacklich blieb es eine schlichte Addition der Einzelbestandteile Schokolade, Milch und Wein.

Vielleicht war die Schokolade, eine 80prozentige Rausch-Tembadoro, doch etwas zu dunkel und der Wein, ein 2006er Paiara von Tormaresca (Antinori) aus Minervino Murge in Apulien, doch zu eindimensional lakritzig und schlicht zu sauer (ganz abgesehen von dem scheußlichen schwarzen Kunststoffstöpsel). Oder das Mischverhältnis, das uns das Times-Rezept leider (bewusst?) vorenthält, hat nicht ganz gestimmt. Jedenfalls ist das eher ein Gericht, das ich nur Leuten servieren würde, mit denen ich nichts mehr zu tun haben möchte. Aber vielleicht entfaltet dieses Dessert ja erst nach einem Lakritzlachs seine ganze wohltuende Kraft. Ich brauche jetzt auf jeden Fall erst einmal ein bis zwei Stangen Weißbrot zur Neutralisierung meines Geschmackssinnes.

Lardo mit Steinpilzen und Tomate

„Die Natur hat das Schwein für das Festessen geschaffen“, schrieb vor über 2000 Jahren der römische Historiker Marcus Terencius Varro in seinem agrarwissenschaftlichen Werk „De Re Rustica“. Aber dieses Gericht hier kann man natürlich in keinem römischen Kochbuch finden, wurde doch die aztekische tomatl oder genauer xitomatl erst im 16. Jahrhundert in Italien unter der verführerischen Bezeichnung „Goldapfel“ (mala aurea) bekannt (Mattioli 1544) (siehe auch hier, wobei: die italienische Nudel stammt definitiv nicht aus China). Aber es dauerte lange, bis das Tomatenessen auch von den Kräuterkundigen Anerkennung fand. Noch im 16. Jahrhundert wurde das Verspeisen des aphrodisierenden „Liebesapfels“ (später dann: pomodoro) als gefährliche Praktik verurteilt. Das erste bekannte italienische Tomatenrezept stammt sogar erst aus dem letzten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts und findet sich in dem neapolitanischen Kochbuch von Antonio Latini.

Auch Lardo, diese erstaunliche Verwandlung des Schweinerückenspecks in eine reinweiße und hauchzarte Spezialität, die noch auf den Fingern zu schmelzen droht, war den Römern schon bekannt. Aber die Verwendung tierischer Fette war eher eine Angelegenheit der einfachen Landbevölkerung (beziehungsweise in diesem Fall: der Arbeiter in den Marmorsteinbrüchen), so dass die Kulinariker nur wenig darüber berichten – sie fühlen sich der städtischen Olivenöloberschicht zugehörig. Mittlerweile widmet sich die Slow Food-Vereinigung dem Lardo di Colonnata.

Über die Steinpilze muss ich gar nicht viel erzählen: die Römer liebten Pilze, soviel ist gewiss. So ist von Kaiser Tiberius überliefert, dass er sich von Asellius Sabinus einen Dialog schreiben ließ, in dem sich boleti, Schnepfen, Austern und Krammetsvögel um den ersten Platz in der kulinarischen Rangordnung streiten. Er zahlte 200.000 Sesterzen (ca. 1/500 des römischen Staatsschatzes) dafür. Zugleich faszinierte die Schriftsteller der Antike immer wieder die Gefahr, die dieses in der Regel wild gesammelte Essen verkörperte.

Geschmacklich eine köstliche Kombination der beiden unbekannten Geschmacksrichtungen umami (Tomaten, Pilze) und fettig (Lardo, Öl).

Zutaten (2 kleine Portionen)

  • 150g Steinpilze, getrocknet oder frisch
  • 2 dünne Scheiben Lardo
  • Olivenöl
  • 1 mittlere Tomate
  • Petersilie
  • 1 Knoblauchzehe

Zubereitung

  1. 1 EL Olivenöl mit der leicht zerdrückten Knoblauchzehe bei mittlerer Hitze erhitzen und 1 kleingeschnittene Scheibe Lardo darin auslassen.
  2. Die Steinpilze (wenn getrocknet vorher 1 Stunde hydriert) in der Öl-Fett-Mischung anbraten.
  3. Wenn die Pilze schon fast fertig sind, die Tomaten und die Petersilie unterrühren. Erhitzen.
  4. Die Pilze mit der Tomate anrichten und mit dem Lardo bedecken.

Pastarosen alla Romagnola

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Camp zum Essen – so in etwa könnte man diese „Roselline di Pasta alla Romagnola“ bezeichnen, ein Rezept, das Marcella Hazan durch ihre Assistentin Margherita Simili kennenlernen durfte.

Echte Rosen haben in der Küche der Apenninhalbinsel eine lange Tradition. So erwähnt Apicius ein Rosengericht, bei dem allerdings nicht die Form der gefüllten Blüte im Mittelpunkt stand, sondern der Geschmack: die Blüten wurden zermahlen und mit Fischbrühe versetzt durch ein Sieb gepresst. Diese Sauce reichte man dann zum Beispiel zu Hirn, Eiern oder zu einem Rosenkompott (minutal ex rosis). Auch im Rosenwein (rosatum) ist die Form der Rose nicht mehr zu erkennen, sondern nur ihre Aromastoffe (vor allem das Terpen Geraniol) werden auf den Wein übertragen. Plinius berichtet in seiner Naturalis Historia (Buch 21: „Natur der Blumen und Kranzgewächse“) zudem von eingelegten Rosen, die dann im Ganzen verzehrt wurden.

Hier die Anleitung zur Migration der Rosenform auf das Pasta-Terrain:

Zutaten

  • 1 Ei
  • 100g Mehl
  • Butter
  • Tomatenmark
  • 200ml Sahne
  • Muskatnuss
  • 700g Kochschinken in dünnen Scheiben
  • 450g Fontinakäse oder anderer Schnittkäse in dünnen Scheiben
  • Parmesan

Zubereitung

  1. Mehl und Ei zu einem seidig-glatten Nudelteig verkneten und mit der Pastamaschine dünn ausrollen (Stufe 8). Die Ränder der Teigplatten abschneiden und zu 25cm langen Rechtecken zuschneiden.
  2. Wasser in einem Topf zum Kochen bringen, salzen und die Teigplatten kurz kochen. Dann gleich wieder aus dem Wasser nehmen, in eine Schüssel mit kaltem Wasser legen. Dann die Teigplatten kurz unter kaltem Wasser abspülen, leicht auswringen und auf einem Küchenhandtuch zum Trocknen auslegen.
  3. Etwas Butter mit der Sahne in einem kleinen Topf bei mittlerer Hitze so lange erhitzen bis die Sahne etwas reduziert ist. Dann einen Esslöffel Tomatenmark einrühren und eine Messerspitze Muskatnuss dazugeben. Kochen bis das Tomatenmark sich ganz auflöst und die Sauce leicht sämig wird. Den Boden einer mittelgroßen Auflaufform mit etwas Sauce benetzen. Den Rest der Sauce aufheben.
  4. Ofen auf 220°C vorheizen.
  5. Die Nudelscheiben belegen mit dem Kochschinken und dem Käse. Dann die Nudeln zusammenrollen und mit einem scharfen Messer in gut 2cm breite Röllchen zerschneiden. Auf einer Seite kreuzweise einschneiden und die entstandene Rose leicht aufblättern. Die Rosen in die Form setzen, mit der restlichen Sauce einpinseln und etwas geriebenem Parmesan bestreuen. Eine Viertelstunde ganz oben im Ofen backen bis eine leichte Kruste auf den Rosen entsteht.

Thunfischsashimi nach Art der Costa Brava

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Ich gebe zu, besonders originell ist die Verbindung von Fisch und Kaviar nicht. Aber schön ist der Gedanke schon, in den aromatischen Übereinstimmungen zwischen dem ausgewachsenen Tier und seinen Eiern so etwas wie die Wurzel des Fischgeschmacks zu suchen, eine Konstante, die das gesamte Leben der Fische prägt.

Tatsächlich findet man auch zahlreiche aromatische Verbindungen, die sowohl den Kaviar als auch den Fisch auszeichnen:

  • Zunächst das Trimethylamin (N,N-dimethylmethanamine), ein farbloses, brennbares Gas, das schon in geringer Konzentration seinen charakteristischen fischigen, öligen, ranzigen, fruchtigen Geruch entfaltet. Auch eine leichte Schweißnote kann man darin wahrnehmen. In höheren Konzentrationen, um die wir uns hier nicht kümmern müssen, erinnert TMA eher an einen stechenden Ammoniakgeruch. Künstlich lässt sich dieser Stoff aus Methanol und Ammoniak produzieren, natürlich kommt es nicht nur in Fisch und Kaviar vor und ist der charakteristische Indikator für Fisch, der nicht mehr allzu frisch ist („Heringslake“), sondern in Käse, Kakao, Kaffee, Whiskey und Bier. Aber auch in Bucheckern findet man diesen Stoff sowie im Vaginalsekret und dem männlichen Ejakulat.
  • Auch zwischen dem nächsten Geruchsstoff, Undecanal, und der menschlichen Fortpflanzung findet man einen Zusammenhang: dieses Aldehyd blockiert nämlich die Geruchsrezeptoren und damit Fähigkeit der männlichen Keimzellen, die Eizelle zu finden. Dieser Stoff lässt sich vielleicht irgendwann einmal als geruchliches Empfängnisverhütungsmittel einsetzen. Die Verbindung riecht stark aldehydisch. Man könnte die Note als wachsig, seifig, blumig, zitronig, grün, fettig bezeichnen – in etwas so wie in einer Waschküche, in der gerade die frische Wäsche aus der Maschine geholt wurde. Dieses Molekül ist Teil des Buketts zahlreicher Früchte von der Banane über die Mandarine bis zu Nüssen.
  • Außerdem findet man in Fisch und Kaviar auch viele grüne Geruchsnoten, so zum Beispiel 2,4-Octadien-1-al ((2E,4E)-octa-2,4-dienal), das grün, fruchtig, melonig, zitronig, aber auch leicht fettig schmeckt und geruchlich auch an Birnen erinnert. Außerdem (E)-2-Nonen-1-al ((E)-non-2-enal), das neben der grünen Note auch etwas von Gurken und Melonen hat, sowie eine leichte fettig-aldehydische Begleitnote. Soja und Erdnuss sind zwei weitere Lebensmittel, in denen dieser Stoff vorkommt. Auch (E,E)-2,4-Hexadien-1-al ((2E,4E)-hexa-2,4-dienal) hat diesen grünen Geruch, riecht aber süßlicher, würziger, blumiger trotz ähnlicher wachsig-aldehydiger Noten. Diese beiden Stoffe sind auch im Bukett der Erdnuss zu entdecken.
  • Auch fettige Geruchsstoffe verbinden Fisch und Kaviar. Beispiele dafür sind 2-Decenal ((E)-dec-2-enal), einem Molekül, das eine starke wachsig-orangige Note auszeichnet und unter anderem auch in Sojabohnen zu finden ist, die in unserem Gericht ebenfalls eine Rolle spielen werden. Ebenfalls fettig riecht und schmeckt 2,4-Decadien-1-al ((2E,4E)-deca-2,4-dienal), das nicht nur fettig, sondern auch etwas ölig, gebraten, ranzig nach Huhn riecht. Auch diese Verbindung kann man in der Sojabohne und außerdem im Erdnussöl entdecken.
  • Ein weiterer Bestandteil ist Valeraldehyd (Pentanal), eine Verbindung die stark riecht und einen fermentierten Geruch besitzt, der holzig, vanillig, fruchtig oder nussig wirkt. Geschmacklich erinnert Undecanal an Wein, Brot, Kakao und Schokolade. Der Stoff findet sich in sehr vielen Lebensmitteln vom Apfel über Eukalyptus bis zur Walnuss. Auch in Erdnüssen und in der Sojabohne findet man diesen aromatischen Stoff.
  • Die letzte Verbindung, die ich gefunden habe, ist Butanal oder Butyraldehyd, ein Stoff, der in hohen Konzentrationen sehr stechend riecht, in geringeren Mengen aber ein sehr wichtiger Grundstoff für die Herstellung von Riechstoffen darstellt. Dieser Stoff verströmt einen intensiven Schokoladengeruch und hat eine stechende Note von Kakao, Moder, Malz, Brot und Grün. Man findet die Verbindung auch in vielen Gewürzpflanzen wie Salbei, Bergamotte, Hopfen und Eukalyptus. Auch in der Sojabohne kommt dieses Aroma vor.

Damit dürfte klar sein, dass die Kombination von Fisch und Kaviar durch die vielen Übereinstimmungen gut funktionieren kann. So zum Beispiel in diesem einfachen erfrischenden Rezept für Thunfischsashimi mit Kaviar von Ferran Adrià.

Zutaten

  • 200g sehr frische Thunfischfilets, „Sushi-Qualität“
  • Sojasauce
  • Sesamöl
  • Kaviar, hier: Forellenrogen

Zubereitung

  1. Den Thunfisch in Würfel schneiden und 5 Minuten in der Soja-Sesammischung marinieren lassen. Dann aufspießen und den Kaviar auf die Thunfischstückchen kleben.

Das war’s auch schon, aber geschmacklich und von der Konsistenz her absolut überzeugend.

Pappardelle mit Vanille-Parmesansauce

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Diese frischen Nudeln mit Vanille-Parmesansauce sind geradezu ein Paradebeispiel für Ferran Adriàs Vorgehen, durch die ungewöhnliche Kombination von eigentlich recht gewöhnlichen Zutaten, ein horizont-erweiterndes Geschmackserlebnis hervorzurufen. Zunächst konnte ich mir die Kombination nicht gut vorstellen, Vanille im Risotto – klar. Aber in der Kombination mit frischen Eiernudeln?

Die Zweifel sind dann aber sofort verflogen als ich den ersten Bissen im Mund hatte. Man schmeckt sofort den würzig-pikanten Parmesangeschmack, doch dazu gesellt sich dann eine herrliche Vanillenote am hinteren Gaumen – irgendwo zwischen Barriqueausbau und Weihnachten. Aber nicht penetrant, und beim Zerbeißen der Nudeln wird das Geschmackspaar noch durch den leichten Eiergeschmack ergänzt. Zutatenminimalismus bei maximaler Gaumenstimulation. Außerdem ein spannender Hinweis, dass das Verfahren der Flavour pairings (siehe auch hier) nur einer von mehreren denkbaren Wegen ist: Parmesan und Vanille haben jeweils sehr komplexe Geschmacksbuketts, dabei aber meines Wissens keinen gemeinsamen Geschmacksstoff.

Zutaten (2 Personen)

  • 200g Mehl
  • 2 Eier
  • Olivenöl
  • Salz
  • 1 Vanilleschote
  • 50g Parmesan

Zubereitung

  1. Mehl und Eier vermischen und mit etwas Olivenöl und Salz zu einem geschmeidigen, aber nicht zu weichen Teig verkneten. 1/2 bis 1 Stunde kühl ruhen lassen.
  2. Teig sehr dünn ausrollen (Nudelmaschine auf Stufe 9) und ca. 10mm breite Nudeln ausschneiden.
  3. Wasser mit etwas Salz und Öl zum Kochen bringen. Nudeln kochen.
  4. Die Hälfte des Parmesankäses reiben und in etwas heißem Nudelwasser auflösen. Vanillemark dazugeben und 1 EL Öl. Gut verrühren.
  5. Nudeln mit der Vanille-Parmesansauce anrichten und Parmesan darüber reiben.

Doradas Gaudí

Nach den letzten doch etwas gruseligen Fischbeiträgen, hier ein kurzes Rezept, das weder etwas mit Fermentation noch mit unverdaulichen Wachsestern zu tun hat. Ein Rezept, das durch eine ornamentale Verwendung von Gemüse beeindruckt. Das ursprüngliche Rezept von Ferran Adrià nennt sich „Los Salmonetes Gaudí“ und findet sich sowohl in seinem Kochbuch „El Sabor del Mediterraneo“ (1993), wo es sogar auf das Cover ziert, als auch im Forum Gastronomic (pdf) sowie einem kuriosen, aber durchaus lesenswerten Onlinerezeptheft für Diabetiker, das von Novartis herausgegeben wurde.

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Ferran nimmt für sein Rezept die Meerbarbe (auch: Rote Meerbarbe), einen wahrlich klassischen Speisefisch, der bereits im antiken Rom auf den Tellern gelegen ist. Das passt dann auch hervorragend zu den kleinen Mosaikwürfeln auf den Fischfilets sowie zu den Anchovis in dem Zwiebelsalat (tut mir leid, nun ist doch wieder etwas fermentiertes ins Rezept gerutscht). Da ich keine frische Meerbarbe da hatte, habe ich mir zwei Goldbrassen (Sparus aurata) besorgt, ebenfalls ein antiker Speisefisch, der heute meist gezüchtet und nicht mehr gefangen wird und dessen bemerkenswertestes Merkmal wohl die Zweigeschlechtlichkeit ist. Deshalb im Folgenden keine „Salmonetes Gaudí“, sondern eher „Doradas Gaudí“. Allerdings ist der „Mosaikbelag“ etwas unordentlich geworden, so dass es nicht so ganz nach Gaudí aussieht. Wie auch immer, der Geschmack war trotzdem hervorragend und die Kombination mit dem pikanten Salat und der süßlich-herben Vinaigrette ein absoluter Volltreffer.

Zutaten

  • 2 Goldbrassen
  • 1 rote Paprika
  • 1 Zucchini
  • 2 Schalotten
  • 1 Tomate
  • 3 EL gehackter Schnittlauch
  • Für den Salat: 4 Schalotten
  • 6 Sardellen
  • 2 TL geröstete Pinienkerne
  • 3 EL Balsamicoessig
  • 6 EL Rote Paprika-Vinaigrette
  • Für die Vinaigrette: 350g rote Paprika
  • 150ml Olivenöl
  • 3 EL Jerez-Essig
  • Salz
  • Pfeffer

Zubereitung

  1. Paprika für die Vinaigrette mit Öl beträufeln, in Alufolie wickeln und für 1,5 Stunden bei 160°C im Ofen garen.
  2. Fische entschuppen, ausnehmen und filetieren.
  3. Zucchini, Paprika und Schalotten in kleine Würfel schneiden.
  4. Tomate schälen, Innenleben entfernen und ebenfalls in kleine Würfel schneiden.
  5. Nun das Gemüse mit dem Schnittlauch vermengen.
  6. Filets auf der Hautseite mit Öl benetzen und mit dem Gemüse belegen. Salzen und pfeffern. Adrià sagt tatsächlich „panieren“ statt belegen. Ich weiß nicht, wie das gehen soll, meine Fische waren zu glatt als dass da das Gemüsemosaik haften bleiben sollte. Wahrscheinlich waren auch die Würfelchen noch zu groß. Also eine echte Aufgabe für die Molekularküche: Was kann man verwenden, um das Gemüse an den Fisch zu kleben? Wer hat eine Idee?
  7. Schalottten in feine Scheiben und Sardellen in Julienne schneiden. Mit den Pinienkernen, Essig und Öl vermengen.
  8. Die Paprika aus dem Ofen holen, schälen, die Samen entfernen, pürieren und mit Öl, Essig, Salz und Pfeffer zu einer Vinaigrette aufschlagen. McGee würde sie als „nicht-traditionelle Vinaigrette“ bezeichnen, da sie eine Öl-in-Wasser-Emulsion darstellt und nicht wie üblich eine Wasser-in-Öl-Emulsion.
  9. Nun kommt das Unmögliche: In einer Antihaftpfanne bei mittlerer Hitze mit einem EL Öl die Filets auf der Mosaikseite wenige Sekunden braten bis sie etwas Farbe bekommen. Wenden und auf der anderen Seite braten. Aus der Pfanne nehmen. An diesem Schritt bin ich dann wirklich gescheitert. Das Gemüse wollte sich nämlich nicht zusammen mit dem Fisch wenden lassen. Verständlich. Also habe ich die Würfel dann später wieder auf den Fisch gelegt. So ganz verstehe ich Adrià auch nicht: er paniert die Hautseite der Filets mit dem Gemüse, brät den Fisch dann auf dem Gemüse und wendet ihn dann, so dass er mit der nackten Seite nach unten zu liegen kommt. Umgekehrt ergibt es für mich mehr Sinn: die ungeschützte Filetseite wird durch das Gemüse vor der direkten Hitze bewahrt, während das Filet problemlos auf der Hautseite angebraten werden kann.

Und mal wieder hat Brillat-Savarin Recht, wenn er schreibt: „Fish are an endless source of meditation and astonishment“. Besonders in Kombination mit einer Paprikavinaigrette.

Mehr Doradenrezepte gibt’s auf Teutonika (thailändisch), in der Küchenschlacht (mit Couscous), auf Steamflash (mit Zitronenmelissenbutter) oder auf dem RezkonvSuite-Blog (en papillote).

Sauerteig durch spontane Säuerung (Teil 8)

Die letzten Male habe ich auf das Sauerteiglivebloggen verzichtet, da sich nicht besonders viel verändert hatte. Nachdem dann gestern Abend der Teig wieder nur etwa 1/5 an Volumen zugelegt hatte, habe ich mir fast schon ein wenig Sorgen gemacht. Die Blasenbildung war wie immer rege, aber das Wachstum würde einfach nicht genügen, um ein Brot richtig aufgehen zu lassen.

Heute Morgen dann endlich die Erleichterung: dem Starter hat das Mehl dieses Mal anscheinend besonders gut geschmeckt, denn er ist tatsächlich fast um die Hälfte aufgegangen. Auch die Konsistenz war eine andere als bisher: sehr viel schaumiger und luftiger. Man merkt das schon an dem Geräusch beim Umrühren, mittlerweile einem hellen Schmatzen. Und der Geruch hat sich zu einer leichten säuerlichen Note abgeschwächt. Die Penetranz der ersten Tage ist verflogen – was man leicht daran erkennen kann, dass die Familienmitglieder beim Teigfüttern nicht mehr die Küche verlassen.

Bald werde ich mich also daran machen, ein pain au levain naturel zu backen. Nur nach welchem Rezept? Die Auswahl der im Internet verfügbaren Varianten ist schier überwältigend. Ich denke, fürs erste wäre ein schönes weißes Kastenbrot keine schlechte Wahl, oder?

Zerdrückte Eier mit Paprika und Schinken

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Sucht man auf Deutsch nach „zerdrückten Eiern“, dann findet man alles mögliche, unter anderem Hinweise auf Fortpflanzungsprobleme bei Chamäleons, Tipps zur Vorbereitung einer anstehenden Schlägerei oder Rechtshilfe für den Einzelhandel („Einfach den Kassiererinnen schriftlich anweisen, daß zerdrückte Eier sofort aus dem Verkehr zu ziehen sind“).

Sucht man dagegen auf Spanisch nach „huevos estrellados“, dann sieht die Sache gleich ganz anders aus. Nicht nur eine Menge köstliche Rezepte bekommt man zu sehen, sondern sogar Tageszeitungsartikel, die sich allein der Frage widmen, wo man in Madrid die besten zerdrückten Eier serviert bekommt (in den Restaurants Los Huevos de Lucio, La Bardemcilla, Casa Remigio, La Percha, El Quinto Vino, El Rincontico de Juan, Taberna Maripepa und Vinotinto). Zu dem Begriff gibt es selbstverständlich auch einen Wikipediaeintrag, die Madrid Fusión hat sich mit dieser Eierfrage bereits beschäftigt und es gibt auch Meisterklasserezepte dieser Köstlichkeit, zum Beispiel von Lucio (Casa de Lucio, der Referenz auf dem Gebiet zerdrückte Eier):

[E]l secreto de mis huevos es que no son fritos ni cocidos, diríamos que son una mezcla entre a la plancha y fritos. Para empezar, echo muy, muy poco aceite en la sartén -que no cubra los huevos- y espero a que se caliente bien. Añado un poco de sal a los huevos y los comienzo a freír por un lado y, luego, por el lado de la yema, pero sólo un poco, porque la yema no tiene que pasarse nunca. Para la presentación, pongo el huevo sobre las patatas previamente fritas y abro la yema, para que caiga sobre el todo el plato.

Schnell merkt man, dass der Begriff huevos estrellados nicht wortwörtlich zu nehmen ist, sondern das dies meistens nur eine ältere Bezeichnung für Spiegeleier (huevos fritos) darstellt.

Aber die Gelegenheit, aus dieser Doppeldeutigkeit etwas mehr zu machen, lässt sich ein Ferran Adrià natürlich nicht entgehen und kreirte ein Gericht namens „Huevos ‚estrellados‘ con pimientos y jamón“. Die Anführungszeichen um das estrellados haben in diesem Fall gerade nicht die Bedeutung, dass das Wort nur übertragen gebraucht wird, sondern genau das Gegenteil: Bestandteil dieser Speise sind tatsächlich 2 weichgekochte Eier, die mit der Gabel zerdrückt werden. Angerichtet wird in einem Glas auf einem Fundament kurz angebratener Paprika (besonders wohlschmeckend: eingelegte Pimientos del piquillo aus Lodosa) und Speckstreifen, garniert mit einer Scheibe Schinken. Aber Vorsicht: obwohl leicht flüssig, ist diese Köstlichkeit nicht als Fastenspeise geeignet.

Sauerteig durch spontane Säuerung (Teil 7)

Nach 52 Stunden: Der geruchliche Trend von vor 12 Stunden hat sich glücklicherweise fortgesetzt. Der Sauerteig riecht jetzt gar nicht mehr so stark modrig, sondern bereits deutlich säuerlich. Der Geruch geht in Richtung Kefir. Ich interpretiere die unterschiedlichen Geruchsnoten wie folgt: leichter Kefirgeruch könnte auf Hefepilze und homofermentative Milchsäurebakterien hinweisen, die begleitende Essignote, auf heterofermentative Essigsäurebakterien, die ebenfalls in dem Teig leben, vielleicht noch etwas zu viele?

Da musste ich natürlich auch einmal den Teig probieren: in der Tat ein deutlich saurer Geschmack, der fast schon auf der Zunge prickelt. Ich werde den Rest von nun an aufheben und probeweise verbacken. Bilder habe ich keine gemacht, da sich äußerlich nicht viel verändert hat (Blasen, Schaum).