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"Cooking is about giving people pleasure"

 

Beim Essen geht es ums gegenseitige Verhältnis zwischen Menschen. Das ist das Fazit, das Brigid Grauman in der Financial Times aus ihrem Interview mit Hervé This zieht:

I had two grandmothers. One made delicious food, she spilled over with love. We weren’t eating protein, lipids and glucides, we were eating my grandmother’s love. The other was thin, unloving, she couldn’t give other people pleasure and she was an awful cook. Eating is also about relationships.

Die Bedeutung des Essens als Teil der Kommunikation. Das ist gerade aus dem Mund eines radikalen Analytikers besonders schön, insbesondere, weil es uns die wahren Motive von This näherbringt. Bei aller Dekonstruktion des Kochens geht es – wie er öfter betont hat – nur um ein Ziel: das Kochen besser zu machen; und das offenbar, weil es unser Beziehungsleben besser macht.

Die Position der französischen Küche fasst This sehr knapp zusammen:

When I ask if France can still claim to be the world’s culinary centre, he simply shrugs. So, I persist, you don’t agree? “It’s not that I don’t agree,” he replies, “it’s just not true.”

Das gilt vermutlich nicht für seinen Freund Pierre Gagnaire.

Faulfisch

Speisen kann man auf die unterscheidlichste Art konservieren. Man kann sie erhitzen und so evtl. vorhandene Keime abtöten, man kann hygroskopische Substanzen einsetzen – Salzen, Zuckern, Pökeln, in Alkohol einlegen, man kann Speisen trocknen und Schädlingen so das zum Leben notwendige Wasser entziehen, man kann sie säuern, da viele Schädlinge in saurem Milieu nicht überleben.

Und man den Prozess der Verderbnis gezielt in Gang bringen, so dass nur nützliche Organismen wachsen und durch ihre Ausscheidungen die Schädlinge dezimieren. Die Salami zum Beispiel, wird überzogen mit Milchsäurebakterien. In diesem Blog ausführlich behandelt ist die Herstellung von Sauerteig. Auch Edelschimmel können die Haltbarkeit von Lebensmitteln erhöhen.

Eine der spekakulärsten Arten solcher Haltbarmachung durch Verderbnis ist der skandinavische Faulfisch.

Besonders beliebt ist die Spezialität in Schweden, wo sie unter dem Namen Surströmming bekannt ist: Sauer Ostseehering (Strömling). Faulen ist eine Fermentation unter Luftabschluss. Der laichfreie Fisch wird dazu in der Regel ohne Kopf in eine Salzlake gegeben und in Holzfässern zum Faulen gebracht, dann in Blechdosen abgefüllt, die nicht vorher pasteurisiert werden. Gelagert werden soll der Fisch bei Terperaturen unter 8°C. In den Dosen setzt sich die Fäulnis fort. Nach etwa einem Jahr sind die Dosen stark von den Faulgasen aufgebläht. Jetzt ist der Fisch verzehrfertig.

Der Witz dabei ist, dass durch die Kulturen der Bakterienstämme Haloanerobium eine milchsaure Umgebung schaffen, die das Wachstum giftiger Bakterien wie z. B. Botulismen – vulgo Leichengift – verhindert. Als Nebenprodukte entwickeln sich unter anderem Schwefelwasserstoff (faule Eier), Buttersäure (saure Milch), Essigsäure und ganz besonders wichtig, Propionsäure (Erbrochenes), die für das charakteristische Aroma dieser Spezialität verantwortlich sind. Daher gilt Surströmming als eines der am stärksten stinkenden Lebensmittel weltweit!

Eine Andekdote zum Faulfisch ist das Surströming-Urteil, in dem das Landgerichts Köln die Rechtmäßigkeit einer fristlosen Kündigung an eine Mieterin bestätigte, die im Treppenhaus ihres Wohnhauses versehentlich Surströmming-Lake vertropft hatte – der Richter war sofort überzeugt, als die beklagte Partei im Gerichtssaal eine Dose Faulfisch öffnete (12.1. 1984, AZ 1 S 171/83). Auch der Transport von Faulfisch im Flugzeug wird von meheren Linien ausdrücklich verboten, weswegen der Verkauf von Faulfisch auf schwedischen Flughäfen eingestellt wurde. Zum Verzehr öffnet man die Fischdose üblicher Weise unter Wasser, um ein herausspritzen der stinkenden Lake zu verhindern.

Die norwegische Variante ist der Rakfisk, der aber wesentlich kürzer fermentiert wird und dem daher der starke Gestank des Surströmming fehlt.

Auch in Island gibt es fermentierten Fisch: Kæst Skata, den Gammelrochen, der traditionell am Fest des Heiligen Þorlákur, dem 23. Dezember verzehrt wird. Das besondere an dieser isländischen Rochenart ist die Tatsache, dass der Fisch keine Harnblase besitzt und daher den Harnstoff in sein Gewebe einlagert, wodurch sein Fleisch giftig wird. Um es dennoch verzehren zu können, wird der Rochen eingegraben und fermentiert (faulen gelassen). Das Ergebnis stinkt nicht so faulig wie der schwedische Surströmming, dafür umso stärker nach Urin – und so schmeckt er auch.

Nicht zu verwechseln ist der Faulfisch mit dem Laugenfisch, dem Ludfisk oder Lutefisk, der nachdem sein Eiweiß durch Einlagen in Natronlauge weitgehend denaturiert ist, eine geleeartige Konstitenz aufweist.

Das Faulenlassen zur Fermentation von Fisch wird mindestens seit der Antike praktiziert und zwar Weltweit. Was den Römern ihr Garum oder Liquamen war, ist den Vietnamesen ihre n??c m?m – im Gegensatz zur römischen Fischsauce nicht aus den Innereien hergestellt.

Es ist interessant, dass in Claude Levi-Strauss‘ Dreieck von roh-gekocht-verfault, über dass wir uns an mehreren Stellen Gedanken gemacht hatten – ausgerechnet der empfindliche Fisch die besten Beispiele für Speisen in der Ecke des Verfaulten liefert. In unserem Kulturraum scheint man sich aber mit dem fauligen in der Neuzeit eher schwer zu tun. Klabunds Bettellied, dass ihm neben bei bemerkt den Vorwurf der Gotteslästerung einbrachte, zeigt uns die Position, die verfaulter Fisch in der Metaphorik Mitteleuropas im 20. Jahrhunder (und vermutlich heute noch) hat:

Ach, schenkt den armen drei Königen was.
Ein Schöpflöffel aus dem Heringsfaß
– verschimmelt Brot, verfaulter Fisch,
da setzen sie sich noch fröhlich zu Tisch.
Kyrieeleis.

This is one of the best kept secrets from Arzak.

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Juan Mari und Elena Arzak
(Courtesy of restaurante Arzak)

Unter den besten Restaurants der Welt befindet sich seit vielen Jahren das restaurante Arzak in San Sebastian im Baskenland. Streift man durch die Website, stößt man unwillkürlich auf das symatische Portrait des Meisters nebst seiner Tochter. Doch wo sind die beiden Abgebildet? Der Raum erinnert an eine Apotheke. Zahllose transparente Schalen sind ordentlich in den Regalen aufgestapelt – vom Boden bis zur Decke. Der Text neben an macht uns noch neugieriger:

Ceci est l’un secrets les mieux gardés de Arzak…

Klickt man darauf, kann man hoffen, dieses Geheimnis gelüftet zu erleben – aber es ist weniger wörtlich als geheim zu nehmen, als vielmehr im Sinne von dahinterliegender Wahrheit, wie beim mysterium fidei in der Messe.

Arzak beschreibt seine Küche als investigative Kitchen, cuisine d’investigation. Das ist finde ich ein sehr schöner Begriff, der von allem bisher gehörten mit am besten die Cusine la plus nouvelle beschreibt. Und wir erfahren auch, was diese Küche ausmacht: das Experiment und die Erfindung von neuem Geschmack. – Die Arzaks sehen sich dabei als Leiter eines Teams von Alchimisten, welche die Kochkunst entschlüsseln.

Eines der Grundprinzipien der Nouvelle Cuisine findet sich auch hier:

The menu of a ‚great‘ restaurant should be evolving day in day out, changing according to the raw ingredients of each season and adding new concepts.

Die Regale, die wir auf dem Foto sehen, sind die Banque de Saveurs, die Flavour Bank mit über tausend Zutaten der investigativen Küche. Das Bild weckt dabei genau die Art von Neugierde, wie ein Foto einer Bibliothek, die Hoffnung, dem Geheimnis hier auf die Spur zu kommen. Und ähnlich wie aus der Bibliothek nicht notwenig in jeden ihrer Besucher die Weisheit fließt, bleibt das wahre Mysterium der der Kunst ihrer Küche das Geheimnis der Arzaks.

Liquidum non frangit jejunum

Der Verzicht auf Essen oder Trinken spielt in den meisten Religionen eine wichtige Rolle. Wenn es darum geht, zur geistigen Sammlung oder seelischer Erweiterung, zur Selbsterhebung zu gelangen, scheint Fasten ein unverzichtbarer Bestandteil (s. dazu auch hier).

Essen und Trinken sind aber keineswegs grundsätzlich schlecht. Im Gegenteil spricht Christus über sein Verhältnis zu Essen und Trinken:

Denn Johannes der Täufer ist gekommen, der weder Brot aß, noch Wein trank, und ihr saget: Er hat einen Dämon. Der Sohn des Menschen ist gekommen, der da ißt und trinkt, und ihr saget: Siehe, ein Fresser und Weinsäufer, ein Freund von Zöllnern und Sündern.
Lk 7,33

Thomas von Aquin nennt also drei Gründe für das Fasten im christlichen Leben:

Es soll die Begierde des Fleisches zügeln, dem Geist die Betrachtung des Erhabenen erleichtern und Genugtuung für die Sünden leisten.

Die Fastenzeit läd natürlich auch uns zur Auseinandersetzung mit einigen Themen des Kochens ein. Zunächst die Frage, welche Ernährung in der Fatenzeit angemessen ist. Seit dem 13. Jahrhundert sind alle Katholiken über sieben Jahren zum Fasten verpflichtet. An den Abstinenztagen heisst dass: nur eine sättigende Mahlzeit (collatio) und höchstens zwei kleine Brotzeiten, die in Summe aber nicht die Menge der collatio ergeben dürfen.

Wollte man Fleisch vermeiden, so wurde bereits im frühen Mittelalter neben dem heute üblichen Fisch auf andere Eiweißreiche und gehaltvolle Nahrung zurückgegriffen – als Fleisch gilt nur das Fleisch von warmblütigigen Tieren, manchmal sogar nur von vierfüßlern: Sumpfschildkröten, Schnecken, Muscheln, Flusskrebse waren beliebte Fastenspeisen. Eier dagegen als „flüssiges Fleisch“ verboten. Allerdings waren im Mittelalter etwa ein Drittel aller Tage des Jahres Fasttage, dabei aber die meisten nicht als Tage der strengen Abstinenz – das hätte die Gesundheit wohl doch zu stark angeschlagen.

Neben Fisch und Weichtieren ist natürlich das Starkbier als Fastenspeise berühmt. Es gilt ja die Regel

Liquidum non frangit jejunum
Flüssiges bricht das Fasten nicht

Diese Regel gilt allerdings keineswegs allgemein: Milch, Honig oder Fleischbrühe brechen sehr wohl das Fastengebot:

Nota, quôd illud axioma “ liquidum non frangit jejunium,“
non sit universaliter verum ; nam lac, mel & similia liquida sumpta frangunt jejunium. Potio chocolat non est merus potus juxta praedicta. Una uncia chocolat, prout ordinarie sumitur, praebet exiguum nutrimentum.[…] Cerevisia fortis est etiam concoctum ex aqua & farina granorum ; atqui iste potus non frangit jejunium ; ergo nec concoctum chocolat.

(sinngemäß: „die Regel, dass Flüssiges das Fasten nicht bricht, ist nicht grundsätzlich wahr; denn Milch, Honig und ähnliche verschenderische Flüssigkeiten brechen das Fasten. Getrunkene Schokolade ist nicht auf gleiche Weise vorgeschrieben. Eine Unze Schokolade gewährt je nach dem, wie sie verzehrt wird, geringe Nahrung.[…] Starkbier ist ebenfalls aus Wasser und Getreide gebraut; und dennoch bricht dieses Getränk das Fasten nicht; daher auch nicht die gebraute Schokolade.“)
Theologia moralis et dogmatica, Pierre Dens

Als nämlich im 16. Jahrhundert von Spanien aus die Schokolade ihren Siegeszug im Abendland begann, wurde die Frage nach der Fastentauglichkeit dieser zwar pflanzlichen aber auch sehr sinnlichen Speise, die alles andere als die Kontemplation fördert, für die durch die Reformation ohnehin gebeutelte katholische Kirche ein Thema.

Besonders die Jesuiten, die starken Anteil am Kakaohandel mit der Neuen Welt hatten, vertraten deutlich die These, dass Schokolade als Getränk im Einklang des christlichen Fastengebotes stünde. Der Legende wurdell Paul V. vom Bischof von Mexico im Jahre 1569 bedrängt, zu einer Entscheidung zu kommen, da in Mexiko der Genuss von Schokolade zur Fastenzeit unerträgliche Ausmaße angenommen hatte. Da der Papst noch nie Schokolade gekostet hatte, ließ er sich eine Tasse servieren, um sich ein Urteil zu bilden. Von dem ungewohnten Geschmack angewiedert soll er ausgerufen haben:

Potus iste non frangit jejunum!
Dieses Zeug bricht das Fasten nicht!

Diese Regel wurde mehrfach vom Vatikan bestätigt, nicht zuletzt im 17. Jahrhundertvon Kardinal Francesco Maria Brancaccio.

Das strenge Fastengebot wurde mehrfach gelockert. Zunächst wurden 1091 auf der Synode von Benevent die 46 Tage vom Aschermittwoch bis Ostern auf die spirituell wichtigen und seit Hieronymus überlieferten 40 Tage verkürzt:

Und er war daselbst bei Jehova vierzig Tage und vierzig Nächte; er aß kein Brot und trank kein Wasser.
2. Mose 34,28

Dann wurde Jesus von dem Geiste in die Wüste hinaufgeführt, um von dem Teufel versucht zu werden; und als er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn danach.
Mt 4,1

Und schließlich sind seit der Reform durch Paul VI im Jahre 1966 nur noch Aschermittwoch und Karfreitag strenge Fasttage, Aber die Kirche empfiehlt weiter nachdrücklich, die ganze Fastenzeit als Zeit der Sammlung zu halten.

Eine interessante Empfehlung, Fasten und Kochen zu verbinden gibt uns der Kapuziner Bruder Paulus Terwitte:

„Raus aus der Spur – trau dich mehr Leben ins Leben zu bringen. Versuch’s mit natürlichem Kochen – weg von der Tütensuppe.“

Aber wie steht es mit Molekularen Speisen? Vegetarische Espumas sollten kein Problem sein, ebenso mittels Algen gewonnene Gels.

Dulce de Leche

Milch ist neben Ei sicherlich der interessanteste und vielseitigste Rohstoff der Küche. Beide enthalten alle vier Bestandteile, die Harold McGee als Grundmoleküle der Nahrung beschreibt: Die Emulsion aus Wasser, Kohlehydraten, Fetten und Proteinen liefert uns Butter, Sahne, Käse, Quark, Molke und unendlich viele weitere Produkte!

Dulce de Leche, ist im gesamten lateinamerikanischen Raum eine der meistbereiteten Süßspeisen – in Brasilien natürlich als Doce de Leite. An der Französischen Atlantikküste wird seit Jahrhunderten ein ähnliches Rezept bereitet: Confit de Lait, im Unterschied zur ibero-amerikanischen Süßigkeit allerdings eher eine flüssige Sauce. Das Confit de Lait war neben Honig und den typischen Fruchtgelees, hauptsächlich aus Quitten, wie z. B. Cottoniack, eine der wenigen Naschereien, die breiten Teilen des Volkes wenigstens ab und zu zur Verfügung standen. Napoleon Bonaparte ließ vor den Schlachten das Confit an seine Soldaten verteilen – eine Ablenkung vergleichbar zu gebranntem Alkohol aber ohne die Beeinträchtigung der Sinne.

Seinen durchschlagenden Erfolg verdankt das Dulce de Leche nicht zuletzt der Erfindung der Kondesmilch im Jahre 1856 durch den New Yorker Gail Bordon; ähnlich wie Bonapartes Grande Armee, wurden auch die Soldaten der Union im amerikanischen Bürgerkrieg mit Kondensmilch als Feldration versorgt, was zu einem enormen Anstieg der Nachfrage und schließlich zur internationalen Verbreitung führte.

In gesamt Lateinamerika bereitet man das Dulce de Leche meist in der Form zu, indem die noch verschlossenen Kondensmilch-Dosen im Wasserbad erhitzt werden (idealer Weise in einem Dampfkochtopf, dort geht es angeblich in 20 Minuten).

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Den meisten von uns sind aus der Kindheit sicher auch die polnischen Krowky in bester Erinnerung, die der bundesdeutsche Alleinimporteur Alfred Vest aus Hamburg (heute Pico Food GmbH) seit mehr als 50 Jahren unter der Marke Sahne Muh-Muhs in den Süßwahrenfachhandel bringt.

Rezept

    Milch,Sahne und Zucker im Verhältnis 3:2:1 (also z. B. 300 ml Milch, 200 ml Sahne, 100 g Zucker)
    ca. 2 cm Vanille-Schote

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Aus der Vanille-Schote die Vanille-Pulpe herauskratzen.
Milch, Sahne, Zucker und Vanille zusammen zum Kochen bringen.
Solange unter Rühren kochen, bis die Mischung eine dicke, braune Flüssigkeit bildet, die den eingetauchten Kochlöffel überzieht und nicht mehr abtropft; die Flüssigkeit ist dann um mehr als die Hälfte reduziert.

Achtung: das klingt entspannter, als es ist! Solange die Milch noch sehr flüssig ist, kocht sie leicht über. Außerdem muss man stets darauf achten, nur soviel Hitze zuzuführen, dass sie eben kocht und nicht anbrennt.

In ein Glas oder eine Tasse umfüllen und über Nacht kühl stellen.

Ergebnis: je nach Kochdauer eine mehr oder weniger zähflüssige Masse mit starkem karamellartigem, sahnigen Aroma – der typische Geschmack von süßem Aufstrich fürs Frühstücksbrot beim Urlaub am Mittelmehr.

Das Aroma rührt nicht von Karamel – Zucker karamelisiert erst bei deutlich höheren Temperaturen! Dulce de Leche verdankt seine Köstlichkeit der Maillard-Reaktion, bei der das in der Milch enthaltene Eiweiß mit dem Zucker sich verbindet.

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Für die Kupferpfanne

Kupfer ist unbestritten eines der schönsten Elemente. In der Alchimie mit dem Planeten Venus identifiziert (♀) kommt es wie Gold und Silber gediegen in der Natur vor. Es gehört es zu den ersten Metallen, die von Menschen bearbeitet wurden. Mit Zinn legiert gibt es Bronze, die über Jahrtausende die Grundlage für die wichtigsten Werkzeuge bildete.

Durch die lange Zeit, die unsere Vorfahren in Kupfertöpfen kochten, sind die Menschen gegen die dabei entstehenden Kupfersalze wohl weitgehend resistent geworden. Kupfersulfat in Form der Boreauxbrühe wird auch im biologischen Weinbau als Fungizid eingesetzt.

Als Material für Töpfe und Pfanne reagiert es schnell leider schnell mit Säuren und läuft auch in salziger Umgebung grün oder braun an, so dass Kupfer mit Aufkommen des Gusseisen und schließlich des rostfreien Stahls ziemlich aus der Mode gekommen ist.

In einigen Bereichen der Lebens- und Genussmittelherstellung hat Kupfer aber nach wie vor seine Bedeutung behalten: beim Bierbrauen für die Maische (seltener) und den Sudkessel und beim Destilieren von Bränden wie z. B. Whiskey. Interessanter Weise scheint sich das Kupfer gerade beim Brennen positiv auf die Aromen des Destilats auszuwirken. Auch werden Marmeladen, die man in Kupfertöpfen kocht, fruchtiger.

The organic fruits are cooked in traditional copper boiling pans and produce rich, brightly coloured soft set jams and marmalades.
Beschreibung der Preserves von Duchy Originals

Ein Grund ist sicherlich, dass Kupfer die Wärme besser leitet, als jedes andere Metall, dass für die Herstellung von Töpfen in Frage kommt (da Gold und Silber aus bekannten Gründen ausscheiden). Insbesondere Temperaturänderungen werden schnell an das Kochgut weitergeleitet.

Es scheint aber doch noch mehr dahinter zu stecken.

La Varenne unterscheidet in seinem Cuisinier Français von 1651 bereits sehr genau, aus welchem Material seine Kochgefäße für das jeweilige Rezept zu sein haben.

Caroline Smith-Kizer vermutet in ihrem 18th century cuisine blog, dass Kupfer die Maillard Reaktion fördert.

Ich habe dazu nichts brauchbares gefunden. Handelt es sich um Katalyse, um Komplexe?
Ich freue mich auf Kommentare!

Die Welt der Angestellten

‚Effiziente IT- und Personaldienstleistungen schmackhaft gemacht
SAP-Lösungen und -Dienstleis­tungen, IT Outsourcing sowie HR Business Process Outsourcing (BPO). Diese Themen präsen­tiert die TDS AG den Besuchern der CeBIT 2008 (Halle 4, Stand G37). Neben den Erfolgsrezep­ten für eine effizientere IT- und Personalabteilung serviert die TDS auf ihrem Stand auch eine „molekulare Küche“.‘
aus einer Pressemitteilung der TDS-AG

und noch eins:

Kochvergnügen für Steuerprofis

Verlag Neue Wirtschafts-Briefe GmbH & Co
22,95 EUR
ISBN 3482576718

Das erste Kochbuch speziell für Steuerprofis. 50 raffinierte Gerichte, die sich schnell und einfach zubereiten lassen und dabei umwerfend gut schmecken. Vorspeisen, die Lust auf mehr machen. Hauptgerichte und Nachspeisen, die auch den anstrengendsten Tag in der Kanzlei versöhnlich enden lassen.

Alle Rezepte sind mit Praxistipps und humorvollen Notizen aus der Steuerberaterwelt versehen so bleibt der Steuerprofi auch am Herd in seinem Element. Damit auch Ihre Mandanten von Ihren Kochkünsten profitieren, runden Vorschläge zu Kochevents und kulinarischen Mandantenveranstaltungen das Kochvergnügen ab. Gesunde Frischeküche für den Steuerberater weil man ist, was man isst.
aus der Beschreibung des Verlags

ohne Kommentar.
(für den, der mehr wissen will, empfehle ich Siegfried Kracauer, Die Angestellten. 8,- EUR bei Suhrkamp)

Natur / Kultur

Prometheus bringt den Menschen das Feuer

Auch wenn der zum Teil heftig geführte Meinungsaustausch über Sinn und Unsinn der Molekulare Küche nicht überrascht, so öffnet er direkt oder beispielhaft den Blick auf einige zentrale Aspekte der Bedeutung von Kultur.

Neue Techniken verändern immer auch den, der sie nutzt – oft stärker als seine Umwelt, die er mit der neuen Technik beeinflussen will. Vieles davon hat in einiger Ausführlichkeit Herbert Marshal McLuhan beschrieben. (Nicht jede Technik ist allerdings das, was wir im DLD-Deutsch als disruptiv bezeichnen.)

Je weiter man in der Menschheitsgeschichte zurückgeht, desto mehr verschwimmt ohnehin der Technische „Fortschritt“ mit der biologischen Evolution: die Beherrschung des Feuers ist sowohl der Beginn der Küche als auch der Anfang des modernen Menschseins schlechthin. Es ist offenbar die Natur des Menschen, zu kochen – es ist die Natur des Menschen, Kultur zu entwickeln.

Zu dieser Diskussion Natur/Kultur des Kochens möchte ich im Folgenden einige mehr oder weniger unzusammenhängende Gedanken beitragen:

1. Die erhabene Natur unseres Körpers – vom Kochen und Verdauen.
2. Triumph der Apparate Triumph der Apparate – verarbeitete Speisen funktional einfach, strukturell komplex
3. Slow Food – nicht langsam gegessen, sondern langsamer zubereitet
4. Roh – gekocht – verfault
5. Auf dem Weg zur Noosphäre – Kochen als Erweiterung unseres Körpers

Die erhabene Natur unseres Körpers

Prometheus bringt den Menschen das Feuer

vom Kochen und Verdauen.

– Natur/Kultur, Teil 1 –
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Ernährung steht zu Kochen wie die Fortpflanzung zu Erotik. Essen und Sexualität ist gemeinsam, dass wir, getrieben von unseren – natürlichen – körperlichen Bedürfnissen versuchen uns gleichzeitig mit deren Befriedigung Genuss zu verschaffen. Was uns beim Essen schmeckt, lässt sich in undurchdachten Rationalisierungen leicht auf Anpassung an die Umwelt im Lauf unserer biologischen Evolution reduzieren. Der Bedeutung von Kochen und Essen nähern wir uns dadurch allerdings nicht an.

In einem Zimmer sitzt eine Familie um einen Tisch; allerdings nicht auf Stühlen sondern auf Toiletten. Der Sohn der Familie flüstert seiner Mutter zu, dass er etwas essen möchte. Diese reagiert verschämt und begleitet ihn in ein Kabinett, in dem er in Abgeschiedenheit seine Notdurft des Essen verrichten kann.

Wir stehen durch die surreale Umkehr von Essen und Verdauen aus Buñuels Das Gespenst der Freiheit, auf einmal auf der anderen Seite dieser scheinbare Linie zwischen der Kultur Essen und der Natur Verdauen. Wie bei Sexualität sind auch Abbildungen oder Erzählungen über die Verdauung so wirkmächtig, dass uns die Bilder unmittelbar berühren und keine Distanz zulassen – uns zu Pornografie werden. Haben wir erst einmal an dieser Pest der Phantasmen angesteckt, werden wir diese Bilder nur schwer wieder los. Wir können das als eine Machtlosigkeit erleben.

Während Kultur, wie anderswo schon erwähnt, bis in die frühe Neuzeit verstanden wird, als Anstrengung der Menschen, den menschenfeindlichen Gewalten der Umwelt Stück für Stück Boden abzuringen, nehmen in der Neuzeit mehr und mehr die Städte mit ihren verarmenden Heerscharen entfremdeter Arbeiter und den daraus folgenden, ungelösten sozialen und hygienischen Problemen die Rolle des Widermenschlichen ein. Dazu kommt das bürgerliche Bedürfnis der Abgrenzung von den aristokratischen Ritualen, dem „künstlichen Leben“ am Hof, stark durch Frankreich geprägt.

Die Natur bildet den Fluchtpunkt vor der gefühlten Dekadenz der Kultur. „Mens sana in corpore sano“ führt wie selbstverständlich anti-aristokratische Motive mit gesunder Ernährung zusammen. Natur besitzt für die Menschen der Romantik dabei zwei starke, gegensätzliche Konturen. Sie ist zunächst weder gut noch schlecht – die Natur kann aber aus Sicht der Menschen, die sie betrachten, schön sein, und Natur kann über die Menschen, die ihr ausgeliefert sind erhaben sein und grausam wirken, gerade, weil sie keinen Unterschied zwischen gut und böse macht. Diese dialektische Sicht der Natur als schön und erhaben zieht sich bis in unsere Zeit wie ein roter Faden der Geistesgeschichte. Als Darwins Idee von der Evolution durch Auswahl durchzusetzen begann, war dies ein willkommener Rahmen, den erhabenen Aspekt der Natur überzubetonen und daraus die Rechtfertigung für eigene Grausamkeiten abzuleiten. Die Naturgesetze, d. h. Zusammenhänge, die wir in der Natur beobachten, bekommen in den wirren Ideologien des 19. Jahrhunderts die Rolle von Normen zugeschrieben, d. h. von Gesetzen, an die man sich aus moralischen Gründen halten muss. Dabei wird eine vorkulturelle Natürlichkeit als Leitbild konstruiert.

Den Körper durch Diät reinigen, fasten, entschlacken etc. – mit unserem Essen müssen wir uns wohl auseinander setzen, wenn wir versuchen, wie auch immer, das menschliche Sein unverstellt erleben zu wollen, auf den Grund der Existenz zu kommen. In der Ideologie der „Natürlichkeit“ verliert das Fasten aber seine spirituelle Bedeutung und wird zum bewussten Gegensatz kultivierten Essens: zurück zu roher Kost, wie sie in 1,6 Millionen Jahren Menschheitsgeschichte nicht mehr verzehrt wurde.

Eine schöne Illustration der teilweise skurrilen Naturbewegung liefert der Roman/Film Road to Wellville von T.C. Boyle / Allan Parker. Alles dreht sich in Mr. Kelloggs Hospital Welleville um die Natur unseres Körpers und insbesondere obsessiv um Verdauung.
Die Barbarei des dritten Reiches wird dem Besucher der Dokumentationsstätte Obersalzberg nicht zuletzt beim Blick auf die Speisekarte offenbar: zu jeder Malzeit geschrotete Körner mit Fruchtsaft; kein Wunder, dass sich dann die Verdauung im Verhältnis zum Essen zum eigentlichen Thema aufbläht.

[Weiter zu Natur/Kultur, Teil 2: Triumph der Apparate]

Weiterführende Literatur

Triumph der Apparate

Prometheus bringt den Menschen das Feuer

verarbeitete Speisen sind funktional einfach, strukturell komplex

– Natur/Kultur Teil2 –
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Das ist ein Merkmal des Fortschritts: Alles wird strukturell komplexer, um funktionell einfacher zu werden.
Vilém Flusser

Künstlichkeit – das ist der Vorwurf, dem sich die Molekulare Küche ausgesetzt sieht. Kurti und This ist es gelungen, insbesondere die analytischen Techniken der Lebensmitteltechnik in unsere Küchen zu führen; Adrià hat uns Geliermittel salonfähig gemacht, die zuvor nur industriell eingesetzt wurden, Blumenthal beschenkt uns mit Hummerbrühe, gefriergetrocknet, wie einen Brühwürfel.

Noch vor 100 Jahren mussten zumindest die Haushalte auf dem Lande alle Schritte des Kochens selbst in der Hand behalten – beginnend beim Anbau der Rohstoffe, dem Schlachten des Viehs, dem Schlagen des Holzes zum Heizen des Herdes, bereiten der Butter etc. Das bedeutet auf der einen Seite viel Arbeit, auf der anderen Seite aber auch die vollständige Beherrschung der Technik.

Convenience-Food hat ja seinen Namen nicht von ungefähr: je mehr wir das Kochen industrialisieren, an Spezialisten abgeben, desto weniger sind wir Herr über unsere Ernährung, aber auch – mindestens genauso wichtig – über unseren Geschmack!

Wieder hat bereits McLuhan pointiert, dass der Manager, der sich streng an seinen Terminplan halten muss, als Servo-Mechanismus seiner Uhr funktioniert, genau, wie man den Indianer, der sein Kanu rudert, als Motor des Kanus funktioniert. Folgen wir den Apparaten, funktionieren diese nicht mehr als Erweiterung unserer Sinne, sondern wir nehmen die Funktion der Erweiterung der Apparate ein.
Mehr dazu hier.

Und hier sind wir am Punkt der Kritik an der Molekularen Gastronomie angekommen: flüssigen Stickstoff werden wir uns nie selbst kondensieren, Alginat kaum selbst extrahieren. Es wird uns offenbar, dass wir das Heft vielleicht schon aus der Hand gegeben haben. Wer backt noch Brot? Wer wurstet selbst? Und nur Experten bereiten sich die – fürs tägliche Kochen doch unverzichtbaren – Fonds noch regelmäßig selbst.

Molekulare Küche ist die Synthese dieser Gegensätze: Sie geht dem Kochen analytisch auf den Grund und gibt uns dadurch mehr Kontrolle, als je zuvor; analytisch bedeutet ja gerade Schritt für Schritt; Molekulare Küche ist ja alles andere, als Conveniece Küche, aber sie akzeptiert die Realität der „Entfremdung“, der zunehmenden Distanz von weiten Teilen des Produktionsablaufs.

Molekulare Küche ist progressiv (im ideologischen Sinn).

[Weiter zu Natur/Kultur Teil 3: Slow Food – Rückeroberung der Küche]

Weiterführende Literatur