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Bücherherbst – Neues von Achatz, Blumenthal, Adrià, Keller und Robuchon

Die Blätter verfärben sich, die letzten Wagyu-Burger wurden auf dem Grill gebräunt und die Lagotti Romagnoli machen sich wieder in der Dämmerung auf die Trüffelsuche. Es wird Herbst.
Das bedeutet aber auch: viele Spitzenköche kommen mit ihren neuen Büchern auf den Markt. Dieses Jahr freut sich die Molekularküche insbesondere auf die folgenden Neuerscheinungen der internationalen Gastrosophie:

  • Alinea CookbookAlinea von Grant Achatz. Sehr viel mehr muss man dazu eigentlich gar nicht sagen. 100 Gerichte, 600 Rezepte, 600 Fotos, Texte von Jeffrey Steingarten (Vogue), Mark McClusky (Wired) sowie der Zugang zur Onlinewelt des Alinea. Darüber haben wir auch schon berichtet. Erscheint am 15. Oktober bei Ten Speed Press. 38,99 EUR. Hier vorbestellen.
  • Keller Under PressureUnder Pressure: Cooking Sous Vide von Thomas Keller. In diesem Buch geht es auf hohem Niveau um das Thema Niedertemperaturgaren. French Laundry-Chef Keller verrät hier, wie man mit dieser Methode die zartesten Steaks und den perfekt gegarten Fisch zubereiten kann. Das Vorwort zu diesem Band hat der experimetelle Kochforscher Harold McGee geschrieben. Erscheint am 31. Oktober bei Workman Publishing. 68,99 EUR. Hier vorbestellen.
  • A Day at elBulliThe Complete RobuchonA Day at elBulli von Ferran Adrià. Auch der Großmeister der molekularen Küche lässt wieder von sich hören. Diesmal kein wissenschaftliches Werk, sondern ein Einblick in den kreativen Prozess, der hinter Gerichten wie einer gedämpften Brioche mit Mozzarella mit Rosenduft steckt. Da elBulli nahezu konkurrenzlos ist, was die Art Designer betrifft, gibt es auf den 600 Seiten mehr als 800 spektakuläre Aufnahmen. Aber natürlich auch einige Rezepte und Diagramme, die zum Markenzeichen der Adriàschen Labors geworden sind. Schön auch, wie unbescheiden auf dem Cover von dem „besten Koch der Welt“ und dem „besten Restaurant der Welt“ die Rede ist. Das gefällt uns, dann macht es auch nichts, dass die Rezepte den Verlagsangaben nach auch für den ambitionierten Hobbykoch nicht zum Nachkochen geeignet sind. Erscheint am 31. Oktober bei Phaidon. 46,99 EUR. Hier vorbestellen.
  • The Fat Duck CookbookPoint Ma GastronomieThe Complete Robuchon von Joël Robuchon. Eine neue Bibel, ein Klassiker, ein Geschenk. In Frankreich überschlagen sich die Kritiker in ihrem Lob für dieses Kochbuch, das sich der Popularisierung der modernen französischen Küche widmet. Von Pot-au-Feu über Sole Meunière zur Kirsch-Creme-Torte. Erscheint am 4. November bei Alfred Knopf. 27,99 EUR. Hier vorbestellen.
  • The Big Fat Duck Cookbook von Heston Blumenthal. Wahrscheinlich das Highlight des kulinarischen Bücherherbstes. Endlich packt Heston aus und gibt uns einen Überblick über die Küche eines der besten Restaurants der Welt (Siebeck ist da anderer Meinung: „Wenn Blumenthal der beste Koch der Welt ist, dann bin ich eine Bratwurst“, aber was soll’s). Dank Pfundkurs und opulenter Ausstattung („The books are hand-gilded, the slipcase is full cloth, the paper stock is extraordinarily heavy and all the photographs are varnished“) auch im Preis ziemlich groß und fett. Erscheint am 20. Oktober bei Bloomsbury. 133,46 EUR. Hier vorbestellen.
  • Ma Gastronomie von Fernand Point. Dieser Klassiker der französischen haute cuisine war lange Zeit vergriffen oder nur für astronomische Preise antiquarisch zu haben. Jetzt endlich kommt die schon etwas länger angekündigte Neuauflage mit 200 Rezepten des Lehrers von Paul Bocuse, Alain Chapel und Jean and Pierre Troisgros heraus. Erscheint am 23. Oktober bei Overlook. 31,99 EUR. Hier vorbestellen.

Demnächst folgen dann noch ausführlichere Rezensionen der Bücher – sobald die Molekularküche die Rezensionsexemplare erhalten hat.

Neue Bücher von Achatz und Blumenthal

Diesen Herbst erwartet uns nicht nur das offizielle Alinea-Kochbuch von Grant Achatz, sondern auch Heston Blumenthal wird endlich seine Fat-Duck-Küche in Rezeptform veröffentlichen. Das kann man zumindest dem Interview mit den beiden Chefs entnehmen, das Christy Harrison für die Onlineausgabe des Gourmet Magazine geführt hat.

Beide Köche verfolgen mit ihren Veröffentlichungen ein naturalistisches Projekt von protestantischer Strenge: Abgedruckt werden nicht Rezepte, die für den Hausgebrauch modifiziert und vereinfacht wurden, sondern die einzige Konzession an den veränderten Kontext sind die Mengenangaben, die sich nicht auf 40 sondern 4 Personen beziehen:

We started looking at reducing some of the quantities down to a more manageable size, but we found that if you started to divide the various ingredients and scale a recipe down for four or six people, if you had [an ingredient] like gelling gum, which you use in small quantities [anyway], you might end up with something like 0.021 grams. So we actually decided to make a caveat at the beginning of the recipe section that these are literally Fat Duck recipes stuck in the book.

Wer keinen Paco-Jet zu Hause hat, kann eben bestimmte Rezepte nicht nachkochen. Eine weitere Innovation ist, dass sich das Achatz-Kochbuch – übrigens im Selbstverlag veröffentlicht – in Gramm und nicht in den üblichen US-Maßen (Cups und Tablespoon) misst. In einem Land, in dem Küchenwagen eher unüblich sind, ein înteressantes Experiment und zudem vielleicht ein Ausdruck der Europäisierung der US-Avantgardeküche.

Das Ziel der beiden ist also die originalgetreue Verschriftlichung ihrer Küche. Zunächst wirkt das wie ein Rückschritt nach der epochalen Leistung der Nouvelle Cuisine, eine Hochküche für jedermann zu kreieren (man denke vor allem an Bocuses „Cuisine du marché“). Aber gleichzeitig ist das vielleicht auch ein notwendiger Distinktionsentwurf gegen die Kommerzialisierung und Popularisierung der molekularen Techniken Schäumen, Kryokochen und Sous-Vide-Garen, wie man sie mittlerweile auf Kongressen aller Art sehen kann.

Es geht also nicht nur um Rezepte und Fotografien, sondern um den Versuch, die Molekulare Küche (obwohl beide diesen Begriff als Vereinfachung sehr unterschiedlicher modernisitischer Ansätze ablehnen: „it’s still just cooking“) gegen ihre vorurteilsbeladenen Kritiker zu verteidigen, oder wie Grant es formuliert:

We focus in the book on dispelling some of the myths and some of the negativity that swirl around this type of cuisine. The critics are saying this is emotionless cuisine, it has no soul; so we’re trying to combat those kinds of critiques, and when people get their hands on the book and read what we have to say, they might actually understand our cuisine a little better. It’s worth the effort.

Diese Küche ist gerade nicht emotionslos und kühl, sondern versucht ganz im Gegenteil einen Zugang zu neuen Emotionen und Erfahrungen zu öffnen. Das Ziel ist die Verbindung „excitement“ und „pleasure“, während sich die klassische Hochküche auf den Pol „pleasure“ konzentriert und die vielen Espumaepigonen nur auf das „excitement“. Die Lust am Experiment versuchen beide dann auch ihrer Leserschaft zu vermitteln, auch wenn die originalgetreue Reproduktion der Speisen nicht immer möglich ist.

(via)

Achatz und Dufresne für den James Beard Award nominiert

150px-jbeard1.jpgBald ist es wieder soweit und die für die US-Gastronomie so wichtigen James Beard-Awards (benannt nach dem „Vater der US-Gastronomie“ und Autoren unzähliger Kochbücher, den die deutsche Wikipedia gar nicht kennt) werden verliehen. Die Jurymitglieder haben in den letzten Tagen ihre streng geheime „long list“ mit allen Nominierten erhalten und das Internetzeitalter wäre nicht das Internetzeitalter, wenn nicht kurze Zeit darauf die ersten Namen und schließlich sogar die ganze Liste (hier als pdf-Dokument) an die Öffentlichkeit gekommen wäre.

Auf der Liste findet man über 100 „Best Chefs“, ordentlich unterteilt in die kulinarischen Provinzen der USA: Pacific, North West, Southwest, Midwest, Great Lakes, South, Southeast, Mid-Atlantic, North East und New York City. Außerdem noch eine Katorie namens „Outstanding Restaurateurs“ für Besitzer mehrerer Restaurants in verschiedenen Regionen sowie die Kategorien für die besten Patissiers, Aufsteiger (unter 30) sowie herausragende Chefs, „whose career has set national industry standards and who has served as an inspiration to other food professionals“, herausragende Restaurants, herausragender Service, herausragender Wein sowie bestes neues Restaurant.

Auch die Molekularküche ist mit dabei: Grant Achatz (Alinea) tritt in der Kategorie „Outstanding Chef“ und Wylie Dufresne (wd~50) im Wettstreit um den Titel des „Best Chef“ in den five boroughs. Wir wünschen viel Glück.

Alineabuch erscheint im Herbst

Im Herbst 2008 wird voraussichtlich das „Alinea-Book“ von Greg Achatz – ich sage nur „lamb in cubism“ – den erfolgreichen Trend opulent-multimedialer Spitzenkochbücher (siehe z.B. die El Bulli-Kochbücher oder das Oud Sluis-Kochbuch „Sergio“) fortsetzen. Wer das Buch auf dieser Webseite für 50 USD vorbestellt, wird nicht nur mit einem signierten Exemplar beliefert, sondern bekommt auch einen Zugang zu der begleitenden Webseite Alinea Mosaic, auf der weitere Achatz-Rezepte, Videos, wissenschaftliche Hintergrundinformationen und Bilder zu finden sind:


Alinea Book Trailer from 2061wc on Vimeo.
(via GFC)

Molekulare Restaurants gehören zu den teuersten der Welt

forbes_home_logo.gifDie beiden molekulargastronomischen Highlights El Bulli und Alinea gehören dem immer schon Äußerst rankingaffinen Forbes Magazine zufolge zu den 12 teuersten Restaurants der Welt (via Cucina):

Those willing to pay dearly (about $300) for an over-the-top dining experience head to El Bulli, Ferran Adria’s famously experimental restaurant in Catalonia. It’s already booked through the 2008 dining season. And good luck getting a reservation within two months at The French Laundry, or Alinea, where the 24-course „culinary journey“ menu ($195) has obtained cult status.

Danach gefragt, ob diese Restaurants nur für die dünne Oberschicht der USA in Frage kommen, antwortet Brent Thorn, Food-Redakteure von Nation’s Restaurant News:

No, says Thorn. In times like this, these very high-end restaurants are even more appealing to people of moderate means. „You might be more likely to spend on a little luxury,“ he says, „like going to a great restaurant, than going on a vacation say, to Italy.“

"Deconstructing Alinea"

Wer einmal den Produktionsprozess eines Gangs aus einem molekularen Menü im Restaurant Alinea sehen möchte, sollte sich diese wundervollen Fotografien ansehen. Vielleicht wird dabei die verborgene Komplexität sichtbar, die hinter so einem Essen stecken kann:

A dish on one of Alinea’s two tasting menus is described as „Short rib, beets, cranberry, Campari.“ If only it were that simple. Chef Grant Achatz says the actual ingredients are „short rib, beet-Campari juice, roasted baby golden beet, beet-green marmalade, braised beet greens, beet pâte de fruit, beet chips, three different types of fennel garnish, cranberry sauce, caramelized fennel purée – man, I guess that is a lot.“

(via)

Alinea immer noch bestes Restaurant der USA?

alinea.pngIm Jahr 2006 schaffte es Grant Achatz‚ Restaurant „Alinea“ (Chicago) im Gourmet Magazine auf Anhieb auf den ersten Platz der 50 besten US-Restaurants. Traveller’s Tales befasst sich ausführlich mit dem Restaurant, unter anderem mit einigen sehr schönen Fotos. Zur näheren Information:

Alinea seats 70 people at 20 tables; meals consist of either a 12-course tasting menu or a 24-course „tour,“ and can last up to four hours. The 12-course dinner is priced at $135 and the 24-course dinner will put you back by $195. The wine pairings are separately priced.

Ich bin gespannt, ob Greg Achatz seine Position in diesem Jahr behaupten kann.
(Abbildung: 14. Gang, „Pineapple“ von ulterior epicure)