Monatsarchiv: November 2007

Vom Ei zum Huhn – die Küche der Familie Arzak

arzak.pngDer Miami Herald widmet sich ausführlich der Familie Arzak, die nicht nur durch Juan Mari Arzak, dem Begründer der modernen baskischen Küche berühmt wurde, sondern auch durch dessen Tochter Elena, immer wieder bezeichnet als „the most important female chef in the world. The Madonna of chefs, even“. Sie ist es auch, die immer wieder molekulargastronomische Highlights wie „From the Egg to the Chicken“ ins Programm ihres Dreisterne-Restaurants Arzak bringt und damit den Kreis zu Ferran Adrià schließt:

Juan Mari Arzak was a mentor of Adrià, but Adrià took the idea of modern Spanish cuisine to the stratosphere with his foams, deconstructions and mad-scientist creations. The Salvador Dalí­, the Picasso, the Beethoven of the food world, Adrià has been called. And his “molecular gastronomy“ has become a movement, with roots that lead back to Juan Mari’s earlier movement.

(Foto: FotoosVanRobin)

Frischkäse selbst gemacht: Karahi Paneer

Einer der Lieblingszutaten der molekularen Experimentatoren ist die Milch, eine „komplexe Flüssigkeit“ im Physikerjargon. Im Folgenden wird demonstriert, wie man daraus mit etwas Komplexitätsreduktion einen indischen/pakistanischen Paneer-Käse herstellt. Man muss nur etwas Joghurt in die Milch (hier: 150g Joghurt auf 300ml Milch) kippen und das Ganze dann unter ständigem Rühren langsam erwärmen:

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Nach kurzem Rühren beginnen sich die ersten Klumpen zu bilden und irgendwann hat sich dann das Milchprotein in Quark verwandelt. Was passiert? Die Wirkung des κ-Caseins, das durch seinen lipophilen und hygrophilen Teil Fett und Wasser in einer Emulsion verbinden kann und darüber hinaus die einzige Casein-Komponente ist, die auch in der Gegenwart von Ca2+-Ionen in der Milch löslich ist und deshalb auch die α- und β-Casein-Komponenten vor der Ausfällung schätzen kann, wird abgeschwächt, so dass die Milch gerinnt und sich die festen (Quark) und flüssigen Bestandteile (Molke) voneinander absondern (siehe dazu auch Prof. Blume).

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Der Käse ist fertig und man muss die Masse nur noch durch ein feines Mulltuch gießen um die Fett- und Caseincluster von der Molke zu trennen:

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Jetzt kommt der schönste Teil des ganzen Prozederes: den Käse ordentlich auswringen, bis wirklich nur noch Käse in dem Tuch übrigbleibt. Tuch und Käse dann unter einem Topf voller Wasser mehrere Stunden lang pressen. Je länger der Käse gepresst wird, desto fester wird die Konsistenz. Danach sieht der Käse schon richtig gut aus und lässt sich in Würfel schneiden:

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Damit kann man zum Beispiel mit wenig Aufwand ein „Karahi Paneer“ zaubern:

Zutaten

  • 500g Tomaten
  • 250g frisch auf die oben beschriebene Weise hergesteller Paneer-Käse, in Würfel geschnitten
  • 1 nicht zu fein gehackte Zwiebel
  • 2 Esslöffel Butterschmalz oder noch besser geklärte Butter
  • 4 Esslöffel Chilipulver
  • 1 Esslöffel Kurkuma
  • 3 Esslöffel gemahlener Koriander
  • 1,5 Esslöffel Bockshornklee
  • 0,5 Esslöffel Zucker
  • Salz zum Abschmecken

Tomaten weich kochen und pürieren. Butter in Pfanne erhitzen, Zwiebeln darin anbraten. Dann das Tomatenpüree hinzugeben und mit den Gewürzen vermengen. Aufkochen. Dann den Käse zugeben und gut kochen lassen, dass der Käse das Aroma aufnehmen kann.

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(Quellen: Käseherstellung aus Thomas Vilgis‘ Buch „Die Molekül-Küche“, S. 169, Karahi-Paneer von Bawarchi)

Reservierung nur für Profis: die zehn begehrtesten Restaurants der Welt

Forbes hat eine Liste der zehn Restaurants weltweit erstellt, in denen es am schwierigsten ist, einen Tisch zu reservieren (hier Slideshow). Wie zu erwarten ist El Bulli auch hier ganz vorne mit dabei:

  1. Pizzeria Mozza/Osteria Mozza (Los Angeles, USA)
  2. El Bulli (Roses, Spanien)
  3. Le Comptoir (Paris, Frankreich)
  4. Per Se (New York, USA)
  5. Babbo (New York, USA)
  6. Le Bernardin (New York, USA)
  7. minibar (Washington, USA)
  8. The French Laundry (San Francisco, USA)
  9. Restaurant Gordon Ramsay (London, U.K.)
  10. The Little Owl (New York, USA)

Obwohl: „weltweit“ ist etwas übertrieben. Entweder die amerikanischen Restaurants machen es einem besonders schwer oder die Forbes-Kritiker verlassen die USA zu selten. (Via Exploring the Globe)

Blumenthal über Mince Pies

mince_pie.pngMince Pies, die klassische englische Weihnachtsspezialität, sind kleine Gebäckstückchen mit einer Fruchtfüllung aus z.B. Rosinen, Aprikosen, Kirschen usw. Für Bloomberg hat Heston Blumenthal sieben Sorten davon blind verkostet. Besonders enttäuschend wegen der hohen Erwartungen: Prinz Charles‘ Duchy Original Bio-Mince-Pie:

„It’s got a bit of grit in the mince there,“ he says, examining the filling. „I don’t know what that was. And there’s a slight rancidity to the pastry. It’s a bit doughy. It’s as if — this might be human error — it smells of raw pastry.“

(via World of Royalty; Abbildung: Wikipedia)

Wissenschaftlicher Schokoladengenuss

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Gefunden auf Lindt Excellence 99%.

TGRWT #8: Weiße Schokoladen-Blini mit Kaviar

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Eine kleine Erweiterung des traditionellen Kaviar-Trägers.

Hefepfannkuchen mit viel saure Sahne

  • 300g Weizenmehl
  • 100g Buchweizenmehl
  • 1/4l Milch
  • 3 Eier
  • Sauerrahm
  • Salz
  • warmes Wasser
  • Hefe

Zubereitung

  1. Mehl, Salz und Hefe mit etwas warmem Wasser vermischen, an warmem Ort gehen lassen (hier das obligatorische Molekular-Bla-Bla: Polysaccharide werden von der Hefe Saccharomyces cerevisiae zerlegt, die dabei CO2 „ausatmet“ und dadurch den Teig schaumig werden lässt …; sollten wir an dieser Stelle noch betonen, dass sich beim Anbraten von Fleisch keine Poren schließen oder dass es sich bei Milch um eine Emulsion handelt? – das war wohl zuviel Schoko …)
  2. Erhitzte Milch unterrühren, verquirrlte Eier und etwas Sauerrahm dazu,
  3. nochmal gehen lassen.
  4. Je einen Schöpflöffel in heißer Pfanne in Öl von beiden Seiten backen, danach ggf. warmstellen; Schokolade schmelzen.
  5. Reichlich Sauerrahm und Kaviar auf die Blini geben, einrollen.
  6. Von Außen mit einem Rautenmuster aus flüssiger weißer Schokolade verzieren.

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Schmeckt ausgezeichnet, wenn man mit der Schokolade nicht übertreibt (ist allerdings auch „traditionell“ sehr lecker …)

TGRWT #8: der Klassiker

Zum Einschwingen auf die nächste Runde von TGRWT haben sich die Molekularkueche-Blogger den Klassiker mit Kaviar und weißer Schokolade gegeben:
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1) Weiße Schokolade schmelzen
2) auf Backpapier zu einer dünnen Schicht verteilen
3) kalt werden lassen
4) zerteilen
5) Kaviar drauf.

Es schmeckt tatsächlich nicht unerträglich, was ja auf den ersten Blick nahezuliegen scheint. Die Offenbarung war es aber auch nicht. Irgendwie blieben die Geschmäcker zu stark einzeln. Ganz kurz nur, beim Schmelzenlassen des Schoko-Trägers, in dem Moment, wenn der Kaviar auf die Zunge gelangt, stellte sich tatsächlich das Gefühl ein, dass die Kombination doch passt.

Daher: weiter im Programm, auf zum nächsten Experiment!
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TGRWT #8: weiße Schokolade und Kaviar

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Also geht es in die nächste Runde: weiße Schokolade und Kaviar.

Hört sich erstmal interessant an – zumal man ja Wunderdinge vom entsprechenden Rezept von Heston Blumenthal liest.

tgrwt_8_02.jpgtgrwt_8_03.jpgWenn man aber die ersten 300g Schokolade beim Experimentieren verbraucht hat, hilft zunächst nur noch die saure Gurke…

Das Fünf-Minuten-Brot

515fwvpepvl_aa240_.jpgDie New York Times befasst sich einmal wieder mit dem Thema Brotbacken. Aus Hertzbergs neuen Buch „Artisan Bread in Five Minutes a Day“ (B&T) kommt demnach das einfachste Rezept für ein Brot, das man nicht kneten muss. Das Geheimnis ist die Zugabe von 30-50 Prozent mehr Wasser als üblich:

The extra water dilutes the gluten, the protein that creates the latticework for any dough, which makes it easier for the bubbles in the dough to inflate.

Zutaten (für vier Laibe Brot)

  • 1,5 Esslöffel Hefe
  • 1,5 Esslöffel Salz (kosher)
  • 6,5 Tassen Mehl

Zubereitung

  1. Hefe und Salz mit 3 Tassen lauwarmem Wasser vermischen. Mehl dazugeben und rühren, bis das Mehl vollständig befeuchtet ist. Teig abgedeckt 2-5 Stunden bei Zimmertemperatur gehen lassen.
  2. In den Kühlschrank stellen oder sofort backen: Teig mit etwas Mehl bestreuen und ein Grapefruitgroßes Stück aus dem Teig schneiden. Teig vorsichtig auseinanderziehen und ein Laib formen. Auf einem bemehlten Brotschieber erneut 40 Minuten ruhen lassen.
  3. Brot-/Pizzastein erhitzen (230°, Mitte).
  4. Teig mit Mehl bestreuen, Oberfläche dreimal quer einschneiden und auf den Stein schieben. Ein weiteres Blech unten einschieben, eine Tasse heißes Wasser darauf gießen und Ofen sofort schließen. Etwa 30 Minuten backen. Abkühlen lassen.

Noch eine Rezension Fat Duck

Eine weitere anschauliche Beschreibung des Tasting Menu von Heston Blumenthals Fat Duck liefert xrr. Neben der Freude über die ungewöhnlichen Genüsse aber durchaus ambivalent:

„All in all, an amazing experience that I am glad I did. I don’t think I would go back again unless the menu has totally changed as it was very expensive and more about the experience rather than just the food.“xrr

Hier das schöne Foto von der original Fat-Duck-Speisekartenverpackung (von xrr):