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Sauerteig durch spontane Säuerung (Teil 4)

Wie schreibt Jeffrey Steingarten so schön: „The chef has swelled and smells tangy, somewhere between beer and yogurt! I am proud as a parent“. Auch in meiner Mehlsuppe ist einiges los, wie man auf dem nachfolgenden Bild erkennen kann:

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Nur der Geruch passt nicht so ganz. Es riecht angegoren, aber nicht besonders würzig oder sauer. Eigentlich eher unangenehm. Aber vielleicht ändert sich das ja noch. Auch schon etwas gewachsen ist der Teig, ca. 1/8 hat er durch die Gasproduktion an Höhe gewonnen.

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Diesmal habe ich bei der „Fütterung“ die Hälfte des Starters verworfen und wiederum 1/4 Tasse Wasser und 3/8 Tassen Mehl hinzugefügt. Mal sehen, wie es in 12 Stunden aussieht. In der Theorie sollte es wie folgt ablaufen: die Glucose reagiert mit dem ADP und freiem Phosphat zu Milchsäure und ATP. Zudem wird das Reduktionsmittel NADH gebildet, das die Brenztraubensäure (genauer: ihr Anion Pyruvat) zu Milchsäure reduziert und dadurch das NADH wieder in NAD+ verwandelt.

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Stattfinden sollte das ganz in den Laktobazillen, die überall dort zu finden sein dürften, wo es Säugetiere, Milch oder Pflanzen gibt. Also z.B. Lactobacillus plantarum, das in der Produktion von Silage wie auch des koreanischen Nationalgerichts Kimchi eine Rolle spielt, oder Lactobacillus brevis, dessen positive Wirkung auf das menschliche Immunsystem zur Zeit in der Forschung überprüft wird.

Sauerteig durch spontane Säuerung (Teil 3)

Die ersten 12 Stunden sind um. Es haben sich noch einige Bläschen mehr auf der Oberfläche angesammeln. Die Luft in dem Gefäß ist feucht und riecht etwas merkwürdig. So sieht die Mischung aus:

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Jetzt darf ich den Starter das erste Mal füttern. Das heißt also: es kommt noch einmal 1/4 Tasse Wasser und 3/8 Tassen Mehl dazu. Kräftig umgerührt und dann sieht es so aus (etwas zäher als vorher, wahrscheinlich war es beim ersten Mal ein wenig zuviel Wasser):

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Morgen Mittag geht es mit dem Sauerteiglivebloggen weiter.

Sauerteig durch spontane Säuerung (Teil 2)

Weiter geht es mit dem Sauerteiglivebloggen. Bereits nach 6 Stunden zeigen sich die ersten Blasen an der Oberfläche. Ich hatte eigentlich erst nach 12 Stunden damit gerechnet, wenn überhaupt. 0Irgendetwas lebt also in der Mischung, die nach wie vor nach Mehlpampe riecht. Hoffentlich sind es die gewünschten Milchsäurebakterien.

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Sauerteig durch spontane Säuerung (Teil 1)

Eigentlich klingt das alles ziemlich einfach: man vermischt Mehl und Wasser. In diesem Milieu siedeln sich dann die in der Luft und im Mehl vorhandenen Milchsäurebakterien an und verwandeln die Mehlpampe in Sauerteig. Das nennt man dann Sauerteig durch spontane Säuerung und das Resultat „pain au levain naturel“ (nach Lionel Poilâne). Natürlich gibt es jede Menge konkurrierende Mikroorganismen, die gerne die Mehlursuppe besiedeln würden. Es ist also ein ziemliches Glücksspiel, zu hoffen, dass sich die richtigen Bakterien in diesem knallharten Verdrängungswettbewerb durchsetzen.

Die Ausgangsstoffe:

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Links das Mehl, ich habe Vollkornmehl gewählt, da zu vermuten ist, dass sich in den Randschichten des Korns die meisten Bakterien befinden, die mir bei dem Starter helfen. Bei der Flüssigkeit gibt es mehrere Möglichkeiten: Leitungswasser, Mineralwasser oder Ananassaft. Letzterer hat den Vorteil, von Anfang an ein saures Milieu zu schaffen, das den Milchsäurebakterien einen Startvorteil verschafft. Ich habe mich für das Leitungswasser entschieden („if your tap water smells and tastes good it will probably work well with sourdough“). Schummeln gilt nicht.

Ich werde mich dabei an dieses Rezept halten. Der erste Schritt: 1/4 Tasse Wasser mit 3/8 Tassen Mehl vermengen und in ein Einlitergefäß geben. Frischhaltefolie darüber und dann an einem warmen Ort (29°C) 12 Stunden ruhen lassen. Mein warmer Ort: das Ofenrohr mit eingeschalteter Lampe.

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Blätterteig mit Octenol und Dipropylsulfid

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Wie sagte Jonathan Swift, der Verfasser von Gulliver’s Reisen einst: „For this is every cook’s opinion, No savoury dish without an onion“. Tatsächlich gehören die überwiegend auf Schwefelkomponenten beruhenden Zwiebelnoten zu den am leichtesten erkennbaren Geruchsnoten.

Dieses Geruchsbukett setzt sich zusammen aus den beiden nach Obst riechenden Aldehyden 2-Methyl-pentanal und 2-Methyl-butanal sowie einer großen Zahl an Schwefelverbindungen, die den charakteristischen Zwiebelgeruch verströmen, allen voran Dipropyldisulfid (Tokarska and Karwowska, Die Nahrung 25, 565-571 (1981)). Ein Teil der Verbindungen (z.B. Allylsulfid) gehen dabei eher in Richtung Knoblauch, während der andere Teil einen süßlichen Geruch beisteuert (die Propylverbindungen).

Dazu kommen bei diesem Gericht aus Ferran Adriàs schneller Küche dann noch Benzaldehyd (das sogenannte „falsche Bittermandelöl“), 1-Octen-3-ol (auch bekannt als Octenol) und 1,5-Octadien-3-ol (hier als Modell), die aromatisch wirksamen Bestandteile des französischen Brie (Karahadian, Josephson and Lindsay, J Dairy Sci 68, 1865-1877 (1985)) sowie die Oliven mit den Aromastoffen Hexanal (Apfelnote), 2-Hexenal (grüne Mandelnote), Hexan-1-ol („vorwiegend frisch-grün, etwas „pilzig“, mit krautiger Beinote“), 2-Hexen-1-ol, 3-Hexen-1-ol (beide mit ausgesprochen grüner Note) sowie 3-Methylbutanal (diesen fruchtigen Aromastoff findet man ebenfalls in Kakao und Parmesankäse) (siehe auch Morales, Berry, McIntyre and Aparicio, J Cromatography A 819: 267-275 (1998)).

Zutaten

  • Blätterteig
  • Frühlingszwiebeln
  • Schwarze Oliven
  • Olivenöl
  • Briekäse

Zubereitung

  1. Blätterteig in längliche Stücke schneiden, mit den blanchierten Frühlingszwiebelstreifen belegen und bei 180°C 4 Minuten im Ofen backen.
  2. Währenddessen die Olivenpaste zubereiten: Oliven entkernen, klein schneiden und mit dem Olivenöl vermengen.
  3. Nun die Blätterteigstücke mit dem Brie (ohne Rinde) belegen und weitere 4 Minuten backen bis der Käse verlaufen ist.
  4. Etwas von der Olivenpaste darauf verteilen und servieren.

TGRWT #9

180px-p8174339.jpgMan nehme die folgenden Aromastoffe:

Daraus gilt es in der nächsten Runde des Blogevents „They Go Really Well Together“ (TGRWT #9), diesmal zu Gast bei lamiacucina, eine leckere Speise zuzubereiten. Klingt erstmal ziemlich ekelerregend und scheint eine unmögliche Aufgabe zu sein, an der sogar „the man who ate everything“, Jeffrey Steingarten, scheitern dürfte. Oder?

Nicht unbedingt, denn in Abwandlung des alten Paracelsus-Zitats gilt auch auf kulinarischem Terrain: die Menge macht den (ekligen) Geschmack. In geringen Mengen und in der richtigen Kombination ergeben die oben aufgeführten Geruchsstoffe nämlich durchaus angenehme Lebensmittel: Kakao und Parmesankäse. Das klingt doch schon deutlich besser. Also: ab in die Vorratskammer, die StinkmorchelnSchokolade und den Parmesan herausgeholt und losgekocht.

Ich denke, die Molekularküchenblogger könnten sich ja mal an einer „Chocolat coulant au parmesan“ versuchen? Oder, da einige der Aromastoffe auch in getoastetem Brot vorkommen, eine Abwandlung eines Ferran Adrià-Rezeptes: „Parmesaniertes Toastbrot mit Zartbitterschokolade“?

Fernand Point und das Spiegelei

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Ich habe ich mich sehr über die Meldung gefreut, dass die englische Ausgabe von Fernand Points (1897-1955) berühmtem Werk „Ma Gastronomie“, das in Frankreich die kulinarische Hochmoderne einläutete, im Juni neu aufgelegt wird. So sehr, dass ich mir gleich eine seiner bekanntesten Kreationen nachkochen musste: das Spiegelei. Man weiß nicht, wieviele Lehrlinge er durch die harte Schule der Spiegeleierei geschickt hat, bevor sie nur an andere Gerichte denken durften. Von wegen „Schwierigkeitsgrad 1“, wie es auf dieser Seite steht, wo im Übrigen fast alles falsch gemacht wird, was man falsch machen kann.

Der Trick dabei: frische Eier, viel Butter und viel Geduld. Denn ein Point-Spiegelei wird nicht in der heißen Pfanne gebrutzelt, sondern vielmehr in einer sehr warmen Pfanne (oder sogar im Ofen) langsam gegart – slow food eben. So langsam, dass man am besten nichts dabei hören kann. Die Belohnung ist dann ein flüssiges, nur vorsichtig erwärmtes Eigelb und ein cremiges, saftiges Eiweiß. Außerdem gilt es noch Hervé This‘ Ratschläge zu beachten (siehe zu Points Spiegelei auch diese Seminarmitschrift):

  • kein Salz auf das Eigelb, das gibt Flecken, sondern nur Salz auf die inneren Bereiche des Eiweißes, wo die Proteine eine längere Garzeit haben, sowie:
  • nur weißen Pfeffer, denn sonst kann man sich in dem Ei nicht mehr spiegeln kann wie weiland Madame Saint-Ange.

Bei Point klingt das Ganze übrigens so:

Place a lump of fresh butter in a pan or egg dish and let it melt – that is, just enough for it to spread, and never, of course, to crackle or sit; open a very fresh egg onto a small plate or saucer and slide it carefully into the pan; cook it on heat so low that the white barely turns creamy, and the yolk becomes hot but remains liquid; in a separate saucepan, melt another lump of fresh butter; remove the egg onto a lightly heated serving plate; salt it and pepper it, then very gently pour this fresh, warm butter over it.

Seehecht mit grüner Sauce

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Und weil es so schön war, hier gleich noch ein Rezept aus der schnellen Küche Ferran Adriàs: Merluza con salsa verde. In Ermangelung frischer Venusmuscheln habe ich Miesmuscheln verwendet, die gab es gerade in guter Qualität und außerdem ist der Februar mit seinen beiden Rs ein guter Muschelmonat.

Den lateinischen Name der Miesmuschel, Mytilus edulis (übersetzt in etwa: essbare essbare Muschel), findet man übrigens schon bei Aristoteles. Schon die Griechen wussten die spannende Texturvielfalt dieser Meeresfrucht und den charakteristischen Muschelgeschmack (Dimethylsulfid) anscheinend zu schätzen. Ja, überhaupt gehören angehäufte Muschelschalen („Kjökkenmöddings„), wie man sie zum Beispiel an der dänischen Küste gefunden hat, zu den frühesten menschlichen „Küchenabfällen“ (siehe diese Bilder). Die ältesten hat man in der Nähe von Nizza gefunden: die Überreste eines prähistorischen Mahls vor 33.000 Jahren.

Eine Anmerkung noch: Wie man auf dem Bild deutlich erkennen kann, ist es zum einen etwas wenig grüne Sauce geworden und zum anderen war sie nicht dickflüssig genug, so dass sie sofort unter dem Fisch verschwunden ist – das nächste Mal also großzügiger Wasser nachgießen, mehr Speisestärke und vinoch etwas mehr Petersilie verwenden.

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Zutaten

  • 2 Seehechtfilets
  • 3 Esslöffel fein gehackte Petersilie
  • 2 Knoblauchzehen, gehackt
  • 12 Muscheln (Miesmuscheln oder Venusmuscheln)
  • 1 TL Speisestärke
  • 1 Glas Wasser
  • 2 TL Olivenöl

Zubereitung

  1. Wasser für die Muscheln zum Kochen bringen. Muscheln gut abbürsten, bereits geöffnete oder beschädigte Muscheln nicht verwenden.
  2. Muscheln kurze Zeit in das kochende Wasser geben bis sie sich öffnen. Mit einem Löffel aus dem Wasser nehmen und beiseite legen (nicht geöffnete Muscheln verwerfen).
  3. Öl in der Pfanne erhitzen, Knoblauch hineingeben, aber keine Farbe annehmen lassen. Dann die Hälfte der Petersilie dazugeben.
  4. Wasser dazugeben und mit der Speisestärke binden.
  5. Jetzt die Filets in die Sauce geben und garen, wenn nötig Wasser angießen. Kurz vor Ende der Garzeit die Muscheln mit in die Pfanne geben sowie das Wasser, das sie nach dem Kochen abgegeben haben.
  6. Den Seehecht und die Muscheln auf dem Teller anrichten. Die Sauce passieren und darübergeben. Mit der restlichen Petersilie bestreuen.

Essen und Gewalt – demonstriert am Kalbsragout "Marengo"

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Um festzustellen, dass Essen etwas mit Gewalt zu tun hat, muss man nicht das Extremfall des Kannibalismus bemühen. Mit jedem Bissen verleibt man sich etwas anderes, unterlegenes ein. Auf den ersten Blick recht unproblematisch stellt sich das im Alten Testament dar: „Machet euch die Erde untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alles Getier, das auf Erden kriecht“ (1. Mos 1, 28). Der Mensch wird als Krone der Schöpfung gesetzt und hat insofern (später dann allerdings im Schweiße seines Angesichts) das angestammte Geburtsrecht, Teile der Schöpfung zu verspeisen.

In vielen anderen Kulturen – den meisten? Ethnologen können stundenlang Rituale und Mythen schildern, die sich um das Verspeisen drehen – ist dieses konsummierende Verhältnis zur pflanzlichen und tierischen Umwelt ein tiefes Problem, da dort kein prinzipieller Unterschied zwischen Mensch und Natur gemacht wird. Für uns triviale Akte wie das Verspeisen einer Yamswurzel wird zum Beispiel für die Abelam in Papua-Neuginea zu einem Brudermord, der nur mit Hilfe eines ausgeklügelten mythologischen Apparats wieder ins Gleichgewicht eingefügt werden kann. Ganz zu schweigen von dem eigentlich unmöglichen, aber dennoch notwendigen Verspeisen des eigenen Totemtiers, durch das die animalische Kraft auf den Menschen und seine Gemeinschaft übertragen werden kann – die unio mystica kann auf diese Weise erneuert und vertieft werden.

Man sieht sehr schnell, dass es im Wesentlichen darum geht, dem Essen (und Töten, Ernten) einen Sinn zu geben, der diese Störung der kosmischen Ordnung neutralisieren kann. Essen ist von Anfang an eine sinnhafte Tätigkeit und nicht nur die Aufnahme von Kalorien.

180px-marengo.jpgMöchte man diesen Zusammenhang von Essen und Gewalt auch einmal praktisch erfahrbar machen, bietet die haute cuisine zahlreiche Beispiele, die sich dazu eignen, sich dieser Problematik selbst einmal konsummatorisch zu nähern. Zum Beispiel das folgende Kalbsragout „Marengo“. Es ist benannt nach dem kleinen Ort in der Mitte des Dreiecks Mailand, Genua, Turin, in dem Bonaparte (später Napoléon I) im Jahr 1800 die von Michael Friedrich Benedikt von Melas angeführten österreichischen Truppen geschlagen hat, die sich daraufhin der Konvention von Alessandria unterworfen haben und Italien verließen.

Da Bonaparte wie üblich nüchtern ins Gefecht ging war er von der wilden Verfolgung der österreichischen Truppen hungrig geworden. Er verlangte von seinem Koch Dunand eine sofortige Mahlzeit. Die Truppen schwärmten aus und fanden nur ein mageres Hühnchen, vier Tomaten, drei Eier, ein paar Flusskrebse, etwas Knoblauch, etwas Olivenöl und eine Bratpfanne. Aus diesen Zutaten bereitete der Koch – mit einem Schuss Cognac aus Bonapartes Trinkflasche und etwas trockenem Brot – sein Huhn „Marengo“ zu. Dieses Gericht schmeckte dem Feldherrn nicht nur besonders gut, sondern wurde für ihn das Symbol seines Sieges über die Österreicher, das er sich von nun an nach jedem Gefecht servieren ließ. Jegliche Modifikationen der Zutaten wurden strengstens untersagt und auch heute soll es noch Restaurants im Piedmont geben, die aus historischen (nicht: geschmacklichen!) Gründen diese ungewöhnliche Kombination aus Huhn und Flusskrebsen servieren.

Sehr schön auch die symbolische Parallelisierung von Mensch und Tomate in Raymond Olivers (ehemals Chefkoch im Grand Véfour) Deutungsvorschlag: „Pour remporter la victoire à Marengo, Bonaparte dut sacrifier in extremis son ami Desaix. Pour réussir cette recette, il faut au tout dernier moment sacrifier aussi la tomate.“

Bei Paul Bocuse taucht das Rezept als „Sauté de veau Marengo“ (Kalbsragout „Marengo“) auf, deutlich reduziert (Weißwein statt Cognac, keine Flusskrebse, keine Eier) und mit einer gefunden Pfanne nicht zu bewältigen, aber dennoch mit genügend Hinweisen auf die Entstehung des Gerichts wie zum Beispiel die Toastbrotherzen als Garnitur oder die große Menge Knoblauch und Zwiebelchen. Und natürlich auch die Tomaten.

Zutaten (6 Personen)

  • 800g Kalbsfleisch, gewürfelt (ich habe Rindfleisch verwendet, wird zwar etwas bissfester, passt aber geschmacklich klasse)
  • 100g Butter
  • 2 EL Olivenöl
  • 1 Möhre, in Scheiben geschnitten
  • 2 mittlere Zwiebeln, geviertelt
  • 20g Mehl
  • 2 Knoblauchzehen
  • 1/10l trockener Weißwein
  • 200ml Tomatenmark
  • 1 Kräutersträußchen (Petersilie, Thymian, Lorbeerblatt)
  • 500g Kalbsfond
  • 12 kleine Zwiebelchen
  • 125g Champignons
  • etwas Zitronensaft
  • 6 in Butter geröstete Toastbrotherzen
  • 1 TL gehackte Petersilie

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Zubereitung

  1. In einem großen Topf 50g Butter und Olivenöl erhitzen. Dann die Fleischstücke (Bocuse sagt: vorher salzen, wir lassen das weg), die Möhre und die Zwiebeln hineingeben. Unter häufigem Wenden das Fleisch anbraten und so für die aromatischen Maillardprodukte sorgen. Nun das Mehl darüberstäuben – hier merkt man deutlich die ambivalente Position von Bocuse in der Geschichte der Nouvelle Cuisine, die sich gerade gegen die Mehlküche gerichtet hat – und goldbraun werden lassen. Jetzt noch die zerdrückten Knoblauchzehen dazu und kurze Zeit erhitzen, dann mit dem Weißwein ablöschen. Um 2/3 reduzieren und schließlich das Tomatenmark und soviel Fond dazugeben bis das Fleisch gerade bedeckt ist (bei Bedarf später noch etwas nachgießen). Unter Rühren aufkochen und dann bei milder Hitze 1 Stunde köcheln lassen.
  2. Zwiebelchen schälen, kurz überbrühen, trocknen und dann in 25g Butter anbraten bis sie goldbraun sind.
  3. Champignons putzen, waschen, abtropfen lassen. Stiele abschneiden und zum Ragout tun. Die Champignons schälen und die großen Pilze vierteln. In 25g Butter anbraten bis sie beginnen, etwas Farbe anzunehmen.
  4. Wenn das Ragout fertig gekocht ist, das Fleisch aus der Sauce nehmen und auf die warmen Champignons legen. Darüber die Zwiebeln streuen. Warm halten.
  5. Wenn nötig das Fett auf der Sauce abschöpfen, dann die Sauce durch ein Sieb über das Fleisch gießen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken. Dann weitere 20 Minuten zugedeckt köcheln lassen.
  6. Anrichten: Mit etwas Zitronensaft würzen, Petersilie darüber streuen und die Toastherzen dazulegen.

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Faschingssuppe aus Tomaten und Honigmelone mit Basilikum

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Die Grundlage für dieses Experiment ist ein Rezept aus Ferran Adriàs Kochbuch „Cocinar en 10 minutos“, in dem der Sternekoch sehr einfache Rezepte mit einfachen Supermarktzutaten zusammengestellt hat – ohne Agar-Agar oder Gellan. Anstelle der Wassermelone (Citrullus lanatus) habe ich allerdings ihre entfernte Verwandte Honigmelone (Cucumis melo) verwendet. Zwar ist dadurch die ursprünglich von Adrià intendierte Harmonie der beiden Lycopinquellen (ein wichtiger Antioxidant) Tomate und Wassermelone hin, aber dafür ist die aus Brasilien importierte Honigmelone ein kleiner Verweis auf die Karnevalshochburg Rio. Insgesamt eine angenehm erfrischende dicke Suppe, nach all den Krapfen nicht zu süß. Möglicherweise auch geeignet als Katermahlzeit? Immerhin ist die Honigmelone ein wichtiger Kaliumlieferant.

Zutaten

  • 3 Tomaten
  • 6 Kirschtomaten
  • 1/2 Honigmelone
  • 6 Stengel Basilikum
  • Olivenöl
  • Pfeffer, Salz

Zubereitung

  1. Wasser in einem Topf zum Kochen bringen.
  2. Die großen Tomaten und die Melone würfeln. 6 Melonenwürfel mit ca. 2cm Kantenlänge für später aufheben. Tomaten und Melone pürieren und durch ein Sieb streichen. Abschmecken mit Salz und Pfeffer.
  3. Kirschtomaten kurz in das heiße Wasser geben. Abkühlen lassen und schälen.
  4. Basilikumblätter abrupfen und mit dem Olivenöl pürieren. Abschmecken.
  5. Anrichten: Suppe in tiefe Teller gießen und jeweils 3 Melonenwürfel und 3 Kirschtomaten hineinsetzen. Dazu 6 großzügige Tropfen von dem Basilikumöl und mit kleinen Basilikumblättern dekorieren.