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Adrià: "Ich höre nicht auf und El Bulli wird nicht geschlossen"

El PaisNein, Ferran Adrià wird El Bulli nicht aufgeben, aber in dem Interview in der heutigen El País erklärt er dennoch, dass er im nächsten Jahr die Öffnungszeiten noch etwas stärker einschränken will um mehr Zeit in der Küche verbringen zu können. Damit kommt er seinem Traum eines Restaurants, in dem nur noch gekocht und kaum mehr serviert wird, ein kleines Stückchen näher. Vor drei Jahren sagte er:

Mein Traum ist eigentlich ganz einfach: Ich will mit allem aufhören. Mit dem Restaurantbetrieb, den Verpflichtungen drum herum, mit all den Joint Ventures, den Beraterverträgen und auch mit den Interviews. Der Traum wird immer klarer. Mittlerweile habe ich mir sogar einen Termin gesetzt, zu dem ich ihn verwirklichen will: im Jahr 2008.

Das ausgehende Jahr 2007 war für den Koch wohl eines der ereignisreichsten bisher: die Verleihung der Ehrendoktorwürde durch die Universität Barcelona (als erster Koch überhaupt), die Ehrenmedalle der Künste, die Würdigung seiner Küche als Kunstwerk durch die Documenta 12, die Mitwirkung an dem Film Ratatouille als Synchronsprecher, die Arbeit an der Alicia Foundation, einem Projekt zur Ernährungserziehung und dazu noch unzähliche Interviews, Vorträge und Events. Auch für das nächste Jahr können die Freunde von Blumenpapier und Co einiges erwarten: den Documentaband über Adrià von Vicente Todolí (Chef der Tate Modern in London) und Richard Hamilton (der Pop Art-Ikone) und außerdem einen Adrià-Film von David Puyol, der auf der nächsten Berlinale Premiere haben wird.

Adrià selbst wird sich ein wenig rar machen und dort stehen, wo er hingehört: an den Töpfen, Tiegeln und Reagenzgläsern. Das Schlimmste wäre schließlich ein Ferran Adrià, über den die Leute später sagen werden: er hat sich wiederholt:

„No quiero entrar al trapo cuando la gente dice que hay saturación de Adrià. Nunca me quejo, porque abrirse a cosas nuevas siempre cuesta“.

"Die Molekül-Küche" von Thomas Vilgis

Die Molekül-KücheDie Maßstäbe, mit denen die „Die Molekül-Küche“ (S. Hirzel) von Thomas Vilgis zu messen ist, dürften klar sein: Wer ein Buch schreibt, das versucht, küchenwissenschaftliche Aufklärung mit Geschmack und Genuss zu verbinden, tritt in die mächtigen Fußstapfen von Hervé This. Dieser hat in seinen beiden Grundlagenwerken zur molekularen Gastronomie zum einen Chemie und Physik von Saucen, Emulsionen und Garmethoden überaus anschaulich dargestellt und anschließend ausgewählte molekulare Kochrezepte vor diesem Hintergrund präsentiert.

Genauso geht auch der theoretische Physiker Thomas Vilgis vom Max-Planck-Institut für Polymerforschung vor, dessen Molekül-Küche nunmehr in der sechsten Auflage vorliegt. In dem Buch behandelt Vilgis die Chemie und Physik von Farbstoffen, Aromastoffen, Temperaturen, Garvorgängen, Zubereitungsmethoden, Saucen, Pökeln, Marinaden, Kristalle, Emulsionen, Hydrokolloide, Schäume, Milchprodukte, Teige, Kaffee und Schokolade. Dabei werden die theoretisch erklärenden Abschnitte – unter dem Titel „Genetische Sommertränen“ geht es zum Beispiel um Propanthial-S-Oxid, Thiosulphat und LF-Synthase oder etwas verständlicher: die Biochemie des Tränenflusses beim Zwiebelschälen – immer wieder mit kurzen Rezeptenvorschlägen unterbrochen: von parmesanisiertem Spinat über Marsaillaiser Bouillabaisse à la Lotte flotte bis hin zum bereits in unserem Blog erfolgreich nachgekochten indischen Paneer.

Nach über 200 Seiten anschaulicher und wundervoll zu lesender Genießerprosa auf hohem wissenschaftlichem Niveau steht als Resümee fest: Der Vilgis sollte nicht nur einen Stammplatz in jedem molekulargastronomischen Bücherfach erhalten, sondern schafft sogar das Kunststück, den Thies in einigen Punkten zu übertreffen. In der wissenschaftlichen Erklärungstiefe, der systematischen Darstellung der Küchenchemie und vor allem in der sehr bodenständigen Art der Wissensvermittlung, die selten dozierend auftritt, sondern den Leser (und Experimentator) immer wieder dazu anregt, sich auf das eigene Augenmaß zu verlassen und die dargestellten Inhalte selbst zu begreifen und zu erschmecken.

Thomas Vilgis: Die Molekül-Küche. Physik und Chemie des feinen Geschmacks, Stuttgart, S. Hirzel Verlag, 2006, ISBN 9783777613703, 19,80 EUR.

"Abnormal Delicacies"

Egil Valentine, Chef der kreativen Cateringfirma Macondo, betont in diesem Artikel im Daily Texan noch einmal die Selbstverständlichkeit: dass es bei der molekulargastronomischen Dekonstruktion nicht nur darum geht, ohne Rücksicht auf den Geschmack Lebensmittel mit Hilfe von „Sodium alginate, Versa Whip 600, gellan, maltodextrin, calcium chloride, lecithin, methyl cellulose and Activa RM“ in Schäume, Gels und Pulver zu verwandeln:

„Molecular gastronomy is deconstruction. You play with the rules. You play with texture, but flavor is the key – I mean it needs to taste good,“ he said. „That’s a danger in molecular gastronomy. Some people use the techniques of molecular gastronomy, and then the mango tastes weird or doesn’t taste like mango anymore, or it tastes like mango with an accent of something weird. Then the food becomes confusion.“

Für Valentine ist es wichtig, die feine Grenze zwischen Kochen als Kunst und Kochen als Unterhaltung ernstzunehmen, da gerade die molekulare Gastronomie oft dazu neigt, zu sehr auf Wow-Effekte zu setzen. (via)

Molekular essen in Singapur

aurum.pngAuch die Bewohner und Besucher der Löwenstadt müssen nicht auf ihre Schäume, Lüfte und Gels verzichten, denn in der River Valley Road (Edward Voon, beraten von Paco Roncero vom Casino de Madrid) gibt es das Aurum, das sich der molekularen Gastronomie verschrieben hat. Wenn das Essen nur halb so opulent ist wie die Homepage des Restaurants (siehe Screenshot), sollte man sich die Adresse schon einmal notieren. @llie hat es schon einmal ausprobiert und war begeistert:

I was intrigued by the „caviar“ which is made up of pearls of refreshing lychee flavoured gels [my favourite]! And a syringe was used as a prop for my soup. I had to pump this thick liquid into my soup and the moment the liquid from the syringe touches the hot soup, it turns into sobe. Tada!!!

"You are running a metaphor, not a restaurant"


(gefunden bei The Knife)