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Molekulare Küche auf Japanisch

ryugin.pngWie sieht japanische Molekularküche aus? Ziemlich eindrucksvoll, zumindest, was diese Bilder von einigen Highlights in Seiji Yamamotos Restaurant „Ryu Jin“ (Tokio, Roppongi-Viertel) angeht. Das Faszinierende: Hier wird eine eigenständige japanische Variante der molekularen Küche (oder: eine molekular inspirierte Dekonstruktion der japanischen Gastrotradition) kreiert:

His food struck me as kaiseki-meets-molecular-gastronomy, mad science from Fernan Adria’s Tokyo love child, dazzlingly creative, utterly fascinating — and, yet, food that seemed as intrinsically Japanese as a hearty bowl of shoyu ramen. Above all, Seiji’s cooking looked delicious.

"I needed to eat rather than look at a picture"

Sehr nett finde ich folgenden Kommentar von gagit zu der lesenswerten Beschreibung eines El Bulli-Besuchs:

i have finally had my first meal at El Bulli and my last meal at El Bulli. After being lucky or unlucky to secure the reservation, i was at the table of the God of Food, unfortunately that was not what he serves, he serves art in the form of food and after 30 courses, I needed to eat rather than look at a picture. My advise to all go to an art gallery if you want to look at pretty food, go to Robuchon if you want to eat.

ei.pngEine interessante Idee, in eine Galerie zu gehen, wenn man hübsche Speisen sehen will. Da ist etwas dran, zumal beispielsweise die Alte Pinakothek auf ihrer Homepage gerade mit Bruegels Schlaraffenland wirbt. Ãœbrigens: Steve Plotnicki, der Autor des Blogs hat gerade sein sehr eindrucksvolles „Culinarium Vitae“ veröffentlicht.

Kochen mit der Espressomaschine

Mittlerweile haben sie die Küchen und Kantinen erobert: die Espressoautomaten. Dass man damit nicht nur Espresso oder Cappucino zubereiten kann, sondern auch Riesengarnelen, sieht man auf diesem Foto:

espresso.jpg

Das war übrigens Juan Mari Arzak, mit seinem Restaurant Arzak in San Sebastian ein ganz wichtiger Vertreter der neuen baskischen Küche. Mehr davon (sowie viele Fotos von Ferran Adrià in Aktion) gibt es bei Off the Broiler. (gefunden bei Freaky Trigger)

(Bild mit freundlicher Genehmigung von Off the Broiler)

Geschäftsbericht auf den Punkt gegart

Dass man in einigen molekularen Restaurants auf essbare Speisekarten stoßen kann, ist bekannt. Jetzt hat die kroatische Werbeagentur Bruketa Zinic ein Buch entwickelt, dessen Inhalt erst nach dem Aufbacken im Ofen (25 Minuten bei 100°C) lesbar wird. Passenderweise handelt es sich um den Jahresbericht „Well Done“ der Lebensmittelfirma Podravka:

bruketa.png

Dabei braucht man die Präzision eines Profikochs: Hält man sich nicht genau an die Temperaturangaben, verkohlt das Buch und der Inhalt bleibt für immer verborgen.

(Gefunden bei Food for Design + dezeen. Abbildung mit freundlicher Genehmigung von dezeen)

The Science of Kartoffelbrei

kartoffelbrei.pngDie Zeitung mit dem spannendsten Food-Teil derzeit, die New York Times, widmete sich gestern dem Kartoffelbrei (schließlich steht Thanksgiving vor der Tür). Wie ein perfekter Kartoffelbrei (ganz patriotisch der „classic, gravy-loving American mash“ und nicht das „puddled, creamy, butter-infused French purée“) sein muss, „Waxy or floury?“, oder auf welche Weise man diesen herstellen sollte – darüber streiten sich die Experten:

Tradition calls for beating them until your arm goes numb; molecular gastronomy insists on simmering the potatoes twice, at different temperatures, to control the starch cells.

Die New York Times kommt jedoch zu dem Fazit, dass es im Grunde genommen egal ist, welche Kartoffeln verwendet werden, wie sie gekocht werden und nach welcher Methode sie zerkleinert werden:

„I am not an expert on the details of potato cell structure,“ Mr. Chu said. „But you certainly don’t have to know the science to make mashed potatoes. You just have to know what people ate when they were growing up: that’s what they like.“

Die geschmacklichen Unterschiede sind demnach nur minimal. Aber sind es nicht gerade diese feinen Unterschiede, die den Unterschied zwischen einem wirklich gelungenen und einem durchschnittlichen Mahl ausmachen?

(Bild von hopelessly devoted)

Your plastic pal who's fun to drink with: Die Roböxotica 2008

roboexotica.pngguzman.jpgImmer wieder wird die Molekulargastronomie von ihren Kritikern als Hightech-Spielerei skizziert. Da mag zwar von Fall zu Fall etwas dran sein, aber immerhin stehen dort noch Menschen vor den Kryobehältern, Spritzenbatterien und Reagenzgläsern. Auf der von monochrom, shifz und dem Buero für Philosphie kuratierten Roböxotica, dem „Festival für Cocktail-Robotik“ (Wien, 22.-25.11.2007) ist schon einen Schritt weiter und überlässt die Zubereitung der Mischgetränke unseren robotischen Mitbewohnern. Die Ahnenväter dieses nerdigen Treffens sind Aristoteles, Stanislaw Lem, Isaac Asimov und John Eccles – mind meets machine. Besonders spannend erscheint mir der Wettbewerb um den Annual Cocktail Robot Award 9.0, der in den folgenden Disziplinen ausgetragen wird:

1. Cocktail servierende Roboter
2. Cocktailmix-Roboter
3. Konversationsroboter für Bars
4. Errungenschaften der Rauchkultur
5. andere Höhepunkte der Cocktailkultur

(Dank geht an Robert Basic)

Weitere Informationen sowie Fotos von den Vorbereitungen gibt’s im Make-Blog.

Amador bekommt dritten Stern

michelin.pngNachdem der Gault Millau die experimentelle Kochweise von Juan Amador, den führenden Molekulargastronomen in Deutschland, als „Kindergeburtstag“ bezeichnet hat und ihm in Folge mit Liebesentzug bestraft hat (statt 18 nur noch 17 Punkte), zeigten sich die Michelin-Kritiker (in der gerade erschienenen 45. Ausgabe des Guide) aufgeschlossener:

„Amador setzt neue Küchentechniken intelligent um. Seine Küche ist experimentell, aber sie ist auch einfach gut“, sagt „Michelin“-Chefredakteurin Juliane Caspar. „Michelin“-Direktor Jean-Luc Naret lobt, dass Amador neue Techniken nicht einfach imitiert wie viele andere, sondern einen eigenen eleganten Stil entwickelt habe. „Deutschlands Küche hat eine neue Stufe erklommen.“

Diese „neue Stufe“ honorierten sie dann auch damit, ihn von zwei auf drei Sterne hochzustufen. (via Nikos Weinwelten)

Zu diesem Thema:

  • Jürgen Dollase lobt Amador in der FAZ dafür, „dass er zum Beispiel die Kombination von Foie gras mit geräuchertem Fisch des spanischen Spitzenkochs Martí­n Berasategui einfach besser strukturiert hat als dieser selbst.“
  • Der Westen wundert sich darüber, dass ausgerechnet der Frankreich-lastige Michelin einen Vertreter der spanischen Avantgarde derart aufwertet.

Das perfekte Alginat-Gel

Es ist zwar nicht die Weltformel, aber ein Versuch dem perfekten Gel auf Natriumalginat-Basis (ein Produkt der Braunalge Macrocystis pyrifera bzw. „Algin“ für alle Texturas-Fans) näherzukommen:

The optimum condition to form a gel with high cohesiveness is with 2.1% sodium alginate, pH of 5, temperature of 37.6 °C and 1.1% calcium chloride.

Zu diesem Ergebnis kamen die beiden indischen Wissenschaftler B.S. Roopaa und Suvendu Bhattacharya (Universität Mysore) in ihrem aktuellen Beitrag „Alginate gels: I. Characterization of textural attributes“ (DOI des Artikels) im „Journal of Food Engineering„.

"Haute cuisine für Geeks"

scienceblogs.pngWas passiert, wenn drei echte Geeks Wylie Dufresnes WD~50 (Aus den FAQ des Restaurants: „What kind of food does wd~50 serve? New American“) besuchen, kann man in dem Beitrag von ScienceBlogs-Autor Alex Palazzo nachlesen:

After getting to the table, we informed our waiter that „three of us are biochemistry geeks and would very much appreciate an explanation of the methodology used in the food preparation.“ He looked pleased.

Dazu gibt’s dann (leider etwas verfärbte) Fotos von dekonstruierter Pizza, dekonstruierter französischer Zwiebelsuppe sowie lamcon/bamb (eine Mischung aus Lamm und Schinken).

Cremigere Texturen mit Xanthan und Carob

Die drei spanischen Forscher M. Dolz, M.J. Hernándeza und J. Delegidoa (Universitat de Valencia) widmen sich in der Mai 2008 Ausgabe von Food Hydrocolloids der Viskoelastizität von Emulsionen mit geringem Ölgehalt (DOI), wie sie zum Beispiel als Salatdressings auf Basis von modifizierter Stärke gerade in der Massengastronomie immer wieder vorkommen. Mit Hilfe von Kriechtests haben sie herausgefunden, dass sich Xanthan (siehe auch die Erklärungen hier) oder Carubin (gewonnen aus der Frucht des Johannisbrotbaumes) deutlich hochwertigere und cremigere Texturen erreichen lassen:

The combination of starch with other natural gums may improve the quality of the product. A reference emulsion containing 4% MS, and four other formulations in which the starch was partially replaced by xanthan gum (XG), locust bean gum (LBG) and two synergistic blends of these gums were formulated […] It has been shown that all the emulsions present a similar final percentage recovery, which moreover is greater than that of the corresponding gels. Of note is the fact that replacing part of the starch with a small proportion of XG or LBG increases the percentage recovery of the resulting emulsion.