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Umami 2008: Umami Bombe

Blog-Rallye: Umami 2008
„A new taste sensation“ nennt die Washington Post den fünften Geschmack. Schön, dass 100 Jahre nach dessen erstmaliger wissenschaftlicher Beschreibung auch die unbestechlichen Hauptstadtjournalisten hier noch sensationelle neue Geschmacksentdeckungen aufzudecken sind.

Die plötzliche Popularität von Umami ruft auch die ideologischen Gegner der Convenice-Küche auf den Plan: Umami bedeutet eben in erster Linie Natriumglutamat und die Nahrungsmittelindustrie ist stets sehr erfindungsreich, wenn es um Verschleierung dieses in der Regel eher unliebsamen Zusatzstoffes geht: Hefeextrakt, Vetsin, Accent, modified protein und natürlich nach dem Marktführer in der Herstellung Ajinomoto.

Der Kampf gegen Fast- und Conveniece-Food gerade der Organic Food Apologeten in den USA trägt dabei ähnlich religiöse Züge, wie der, für Europäer ja auch vollkommen rätselhafte streit von Kreationisten und Darwinisten um die Evolution.

Auf der anderen Seite stehen neuerdings eine ganze Anzahl von Chefs, die in ihren Degustationsmenus Gaumenfreuden unter dem Motto Umami-Bomb servieren. Beispiele sind Jean-Georges Vongerichten (Parmesanpudding mit weißen Trüffeln) oder Garry Danko aus San Francisco, dessen Umami-Bombe wir hier getestet haben:

Rezept

    500 ml Tomatenpüree
    300 ml Hühnerfond
    Olivenöl
    Shiitake-Pilze
    Zwiebel
    Selerie
    Lauch
    Karotten
    Salz, Pfeffer, Worcestershire Sauce

umami_bomb.jpg

Zwiebeln, Selerie, Lauch, Karotten und Pilze im Olivenöl anbraten. Mit Hühnerfond ablöschen. Tomatenpuree zugeben (Gerry Danko empfielt – wie Escoffier-, die Tomaten vorher zu rösten, was ihnen Säure nimmt und den Umami-Geschmack verstärkt).
Alles mit dem Pürierstab zermixen und köcheln lassen. Durch ein Sieb streichen.
Mit Worcestershire Sauce, Salz und Pfeffer abschmecken. Umami darin: Tomaten, Hühnerfond, Pilze, Gemüse, Worcestershire Sauce.

Blograllye: Umami 2008

Umami Blog RallyeDa sich im Jahr 2008 die Entdeckung der fünften Geschmacksrichtung durch den japanischen Forscher Kikunae Ikeda an der Kaiserlichen Universität zu Tokio das 100. Mal jährt wollen wir eine „Umami-Blograllye“ ausrufen.

(Genuss-)Blogs aller Art, die sich mit dem herzhaft-glutamatigen Geschmacksrichtung auseinandersetzen – sei es in Rezepten, in geschichtlichen Beiträgen, in kritischer Auseinandersetzung mit der Glutamatindustrie oder in Gestalt von Selbstversuchen -, können Ihren Text mit diesem Button kennzeichnen und den Molekularköchen per Trackback, Kommentar oder Email mitteilen, dass sie sich mit einem Beitrag an der Rallye beteiligen. Wir sammeln und verlinken dann alle Umami-Blogposts in einem Beitrag und hoffen, dass wir auf diese Weise etwas mehr über den „vergessenen“ (Emsley) oder gar „geheimnisvollen“ fünften Geschmack erfahren.

Der Bannercode zum Mitmachen sieht so aus:

Auch wenn der große Brillat-Savarin (1755-1826) dem Umami-Geschmack schon sehr viel früher auf der Spur war und versuchte, den geschmacksgebenden Bestandteil von Fleisch, das sogenannte „Osmazon“, zu extrahieren, führte Ikeda 1908 diesen speziellen Geschmack unter der Bezeichnung „Umami“ in die Wissenschaft ein. Er suchte nach der gemeinsamen geschmacklichen Komponente von reifen Tomaten, der Kombu-Alge, Spargel, Fleisch und reifem Käse – nach einer Komponente, die weder salzig noch süß, bitter oder sauer (die herkömmlichen vier Geschmacksrichtungen) war. Er fand diesen Geschmack im Glutamat, bzw. in der Glutaminsäure, einer Aminosäure. Man kennt es vor allem aus der Lebensmittelchemie als Geschmacksverstärker E620 (früher unter Verdacht als Auslöser des Chinarestaurantsyndroms), dabei handelt es sich eigentlich nicht um einen Verstärker, sondern eine eigene Geschmacksrichtung, deren Qualität intuitiv schon länger erkannt wurde: die Pizza-Kombination aus Tomate und Käse spricht dafür. 2001 machte dann Charles Zuker (dieser Name!) die entsprechenden „Umami“-Rezeptoren bei Menschen und anderen Tieren dingfest; seitdem gehört dieser fünfte Geschmack auch zum selbstverständlichen Bestandteil molekulargastronomischer Forschung und Literatur. Auch die ersten Umami-Kochbücher sind bereits erschienen.

Harold McGee übersetzt „Umami“ mit wohlschmeckend („delicious“) – die Molekularköche sind gespannt, auf welche deliziösen Umami-Gerichte die Genussblogger kommen.

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