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Lakritz Lachs

Lakritze bietet einen der rätselhaftesten Geschmäcker. Bei wenigen Süßigkeiten reagiert die Menschheit so gespalten, wie bei Lakritz. Man gewinnt es aus der Wurzel des Süßholzes durch Raspeln, Eindicken und Gelieren. Und man hasst es entweder oder liebt es. Mich würde interessieren, ob es Hinweise auf angeborene Lakritz-Ab- oder Zuneigung gibt!

Das interessante am Süßholz ist die ihm den Namen gebende extreme Süße, die durch Glycyrrhizin entsteht, ein Seifenstoff, der 50 Mal süßer schmeckt als Rohrzucker.

Lakritz wird seit dem Altertum gegessen – Dioskurides beschreibt die wasserhaltende Wirkung, die z. B. die Skythen nutzten, um in der Wüste länger ohne Flüssigkeit überleben zu können. Als Mittel gegen Magengeschwüre oder Halsweh findet es in Asien und Europa seit Jahrhunderten breite Anwendung. Typischer Weise findet man Süßholz als Gewürz in der Esoterik-Ecke. Auch das Produkt, mit dem wir experimentierten macht dabei keine Ausnahme: Marke Hildegart.

Neben den verschiedenen positiven oder negativen medizinischen Wirkungen, erfreut sich Lakritz seit Aufkommen der Molekularen Küche einer nie gekannten Beliebtheit als Zutat außerhalb der Desserts: bereits Hervé This sinniert über das Phänomen des gleichzeitig bitteren, sauren, salzigen und süßen Geschmacks – er vermutet sogar eigene Rezeptoren auf der Zunge; hat jemand einen Beleg dafür? Ich habe bisher keinen gefunden! Und schließlich erfreut Heston Blumenthal den Gaumen seiner Gäste mit Lakritz-pochiertem Lachs und Birnen.

Genau diesen Lachs haben wir uns jetzt vorgenommen und ein Rezept für Lakritz-Lachs entwickelt.

Rezept

  • Lachsfilets
  • 1 EL Süßholzraspeln
  • 3 Lakritzschlagen
  • 1/4 Vanilleschote
  • einige cm Schale von der Bitteren Orange (oder anderer Zitrusfrucht)
  • 1 Löffelspitze Agar Agar
  • Olivenöl
  • Balsamico-Essig
  • Fleur de Sel

Süßholzraspeln und Lakritzschlangen in ca. 1l Wasser aufkochen und einkochen lassen, die Vanilleschote und die Orangenschale mitkochen lassen, bis sich eine braune, leicht sirupartige Flüssigkeit bildet. Agar Agar dazu, Hitze reduzieren, bis der Sirup nicht mehr kocht. Den Fisch in Würfel oder Streifen schneiden und im Sirup ca. 7-10 Minuten pochieren.

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Auf einem Teller anrichten, mit Fleur de Sel bestreuen und mit etwas Olivenöl und Essig umträufeln.

Der Lakritz-Sirup bekommt durch Zitrusschale und Vanille eine differenzierte und angenehme Note und weckt im Lachs bislang verborgene Aromen.

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Bildzeitung lobt Molekularküche

Mittlerweile hat der Diskurs über die molekulare Küche in Deutschland eine merkwürdige Wendung genommen. Die Kritik an der Verwendung von Lebensmittelzusatzstoffen wie Agar-Agar oder Xanthan kommt zum Beispiel aus den Reihen der Deutschen Akademie für Kulinaristik, in der nicht nur Eckart Witzigman, der vor 30 Jahren die deutsche Küche aus ihrer Provinzialität befreit hat, Mitglied ist, sondern auch der Physiker Thomas Vilgis (Max-Planck-Institut für Polymerforschung), der die deutschsprachigen Standardwerke zur molekularen Küche geschrieben hat.

Während sich die kuliarische Elite gegen die molekularen Schaumschläger, besonders in Gestalt experimentierender Hobbyköche, wendet, hat die molekulare Küche nun einen überraschenden Fürsprecher gefunden: Unter dem Titel „Wie gesund ist Gourmet-Küche aus dem Labor?“ schreibt die Bild-Zeitung heute über „Suppe zum Schneiden, Lachs als Schaumkügelchen, Cocktails in Bonbonform“. Zitiert wird Andrea Lambeck von der „Centralen Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft“ (CMA), erklärt, dass die Lebensmittelzusatzstoffe ausgereift genug seien, um sie in der Küche einzusetzen. Nach Juan Amador, der im Übrigen gerade als Liebhaber von Brot, Wurst und Käse „entlarvt“ wurde, kommt auch noch der „Dortmunder Restaurantkritiker Hans Böddicker“ zu Wort und wird wie folgt zitiert: „Aromen werden verbessert, verfeinert und intensiver.“

In einer der üblichen Leserumfragen wird gefragt, ob die Leser solche Gerichte essen würden: 28 Prozent lehnen das ab, während 47 Prozent angeben „Klar, warum nicht“. Ist die molekulare Küche in der breiten Masse angekommen?

Einseitig gebratener Lachs

Sehr schön liest sich Hervé This‘ Beschreibung einer Spezialität des Pariser 3-Sternekochs Guy Savoy: einseitig gebratener Lachs (oder besser Saumon à l’unilatérale), bei dem durch die besondere Zubereitungsform der Gargrad von oben nach unten zunimmt, während die Kräuteraromen von unten nach oben zunehmen. Diesem spannenden Gericht hat sich die Molekularküche an den Feiertagen gewidmet. Das Ergebnis: ein köstliches Fischgericht, die 12 Filets waren im Nu aufgegessen.

Zutaten (6 Personen, frei nach This‘ Kulinarische Geheimnisse)

  • 6 Lachsfilets (mit Haut)
  • 25 g geklärte Butter
  • 1 EL Olivenöl
  • 2 Karotten
  • 2 Schalotten
  • 1 Lauchstange
  • 1 Fenchel
  • 1 Sträußchen frischer Koriander
  • 1 Petersilienzweig
  • 100 ml Crème double
  • 100 ml Fischfond

Zubereitung

  1. Karotten, Schalotten, Fenchel und Lauch in feine Streifen schneiden, im Olivenöl kurz anbraten und dann zusammen mit der Petersilie mit Deckel 5 Minuten dünsten.
  2. Deckel abnehmen und das Gemüse fertiggaren, bis das Wasser verdampft ist. Erst jetzt das kleingehackte Koriandergrün dazugeben und vermischen.
  3. Die Fischfilets in der geklärten Butter bei starker Hitze so lange anbraten, bis sie etwa bis zur halben Höhe durchgegagart sind. Oben sollten sie noch ziemlich roh sein. Das kann allerdings etwas schwierig sein, wenn die Filets sehr unregelmäßig geschnitten sind.
  4. Danach die Filets auf ein eingefettetes Backblech geben, salzen, pfeffern, mit einer dünnen Schicht Gemüse bedecken und etwa eine halbe Stunde ziehen lassen. Nun wandern die Aromen von den Kräutern in die rohe Seite der der Fischfilets. Dann bei 70° C im Ofen fertiggaren (20 Minuten).
  5. Den Fischfond aufwärmen, so dass er flüssig wird und die Crème double mit dem Schneebesen einrühren. Die Sauce auf die Filets geben und servieren.

Hier das halb gegarte Filet von der Seite betrachtet:

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Und hier das fertige Gericht:

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