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Schokolade als Medizin: Stollwercks "Antioxidant"

antioxidant.pngVor einiger Zeit hatten wir an dieser Stelle schon einmal ein Indiz für die Verwissenschaftlichung des Schokoladengenusses präsentiert: eine goldglänzende Verpackungsfolie mit einem Diagramm der zeitlichen Entwicklung der Geschmackskomponenten. Heute gibt es ein weiteres Fundstück, das nicht nur dem Schokoladengenuss ein wissenschaftliches Image geben soll, sondern einen medizinischen Bezugsrahmen evoziert, um ein neues Schokoladenmarktsegment zu schaffen (Stichwort „Marketing als Framing“; vgl. dazu den lesenswerten Aufsatz „Bewegung im Markt“ von Kai-Uwe Hellmann in der aktuellen Kölner Zeitschrift): Stollwercks Neuentwicklung „Antioxidant„.

Während die Lokalisierung der Schokolade mittlerweile schon in den Discountern angekommen ist (Ecuador, Ghana, Tobago, Arriba), wird hier ein für Genusslebensmittel unkonventioneller Name etabliert: man begegnet Antioxidantien mittlerweile regelmäßig Werbung, aber als Produktbezeichnung ist dieser nach Chemie klingende Name ungewöhnlich. Dementsprechend bemüht sich der Begleittext, dieses Image in Richtung einer „Wohlfühlmedizin“ umzulenken und die chemisch-molekulare Ebene des Essens wird hier zum Schauplatz von Stress („oxidativer Stress“) und Entspannung („Wohlbefinden“) gemacht:

Antioxidantien sind gut für uns, denn der Alltag kann unseren Körper überfordern. Umwelteinflüsse, Bewegungsmangel oder unüberlegte Ernährung führen zu oxidativem Stress. Ein Übermaß an „Freien Radikalen“ ist die Folge und dies kann Zellschäden Vorschub leisten. Antioxidantien „fangen“ freie Radikale und schützen so den Körper.

Dabei geht die Verwissenschaftlichung hier noch weiter als in dem Goldfoliendiagramm. Die neue Stollwerck-Schokolade wird ebenfalls mit einem Diagramm präsentiert, das den überlegenen Antioxidantiengehalt der Schokolade im Vergleich mit einem Glas Rotwein darstellt:

diagramm.png

Man beachte insbesondere die wissenschaftlich korrekten (wenn man von einer leichten Inkonsistenz in der Formatierung und der fehlenden Seitenzahl im zweiten Fall absieht) Quellenangaben in der Fußnote:

Ding et al., 2006, Nutrition and metabolism, 3:2; Lee et al., Journal of Agricultural Food Chemistry Dec 3; 51(25):7292-5.

Hier wird also ein neues Produkt mit Bezugnahme auf Artikel in international anerkannten peer-reviewten Fachzeitschriften mit hohem Impact-Faktor auf den Markt zu bringen. Das geht ein ganzes Stück weiter als der bisher übliche Rückgriff auf „die Forschung“ oder „Dr. Best empfiehlt“. Dazu gibt es auch noch eine Webseite, auf der nicht nur das verwendete Verfahren erläutert wird, sondern auch noch Informationen über die Kakao-Polyphenole gegeben wird.

Allerdings hat man es hier deutlich mit einer Hybridstrategie zu tun, denn in der Farbgebung (gold, rot, dunkelblau, braun, schwarz) und auch im Schriftzug (eine gemäßigte, schlanke Grotesk) bleibt die neue Marke durchaus im Rahmen des klassischen Schokolademarketings. Man scheint hier also die Assoziation mit der kalten, synthetischen Welt der Wissenschaft zu vermeiden.

(via w&v)

Vom Sahnesiphon zur Espumamaschine

Als ich vor vielen Jahren einen Sahnesiphon geschenkt bekam, war es klar: das Ding verwendet man zum Herstellen und Dosieren von Sprühsahne. In dem Rezeptheft, das mit dem Gerät kam, waren noch einige Variationen abgedruckt: Mokka-Creme, Vanille-Joghurt-Creme, Mousse au Chocolat, Bacardi-Creme und Tiramisu ließen sich ebenfalls in dem Aufschäumer herstellen. Wie sehr mittlerweile die molekulargastronomische Innovation der Espumas in den Alltag eingedrungen ist, zeigt die aktuelle Beschriftung der N2O-Kapseln, früher auch: Sahnekapseln:

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Zwar steht die Sahne immer noch an erster Stelle, aber schon als dritte Anwendung werden die milch- und sahnefreien Espumas genannt. Noch deutlicher ist dies im Internet, denn die gastronomischen Seiten des Siphonherstellers isi heißt schlicht espumas.at und dort ist die Reihenfolge so: Espumas, Saucen, aromatisierte Sahne. Jeder kann also zum Foam-Boy oder Foam-Girl werden. Und bei der nächsten Kaffee-und-Kuchen-Einladung zu Tanndte Heete heißt es dann wohl: „Wollt ihr nochn büschen Kaffee-Espuma aufn Kuchn?“

Im Groove der Schokolade

vosges_logo.jpgFerran Adrià-Schülerin Katrina Markoff (Vosges Haut-Chocolat) – die „Kate Spade of chocolate makers“ – über ihre Inspiration, aus der so interessante Schokoladenkreationen entstehen wie die von Bob Marley und den Rastafaris inspirierte „Zion Collection“ (Zitat: „Explore the Roots of Rastafarian Culture and Jamaica Through Chocolate“) oder die von der afroamerikanischen Popularmusik inspirierte „Groove Collection“ (Zitat: „Groove Collection is a study of the African American influence on America’s musical history through chocolate, story and song.“). Und nicht zu vergessen, für alle Arno Schmidt-Leser: der Lunar Chocolate of the Month Club.

Join Club Haut-Chocolat and receive chocolate confections to eat under the light of the full moon for 13 moons (one year), 6 moons (once every other month for a year), or 3 moons of your choice.

(via Gastronomical Inspirations)