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Ohne Berlin fahren wir nach Holland

71456879_0c16840a83.jpgKlingt schon ziemlich hart, was der Enterpreneur den niederländischen Gastronomen so alles vorwirft:

Almost all Dutch meals consisted of soggy fish, overcooked meat, boiled potatoes and bland cheese, often washed down with a glass of milk, or at best, cheap wine. A dour Protestant tradition seemed responsible.

Doch die molekulare Gastronomie konnte auch in diesem Land Fuß fassen: vor zwei Jahren konnte sich Sergio Herman, der sich nicht nur durch Heston Blumenthals kreativen Umgang mit klassischen Gerichten inspiriert fühlt, sondern auch unter Ferran Adrià gekocht hat, in die Riege der Dreisterneköche einreihen. In seinem Restaurant „Oud Sluis“ in dem niederländischen Nest Sluis werden molekulargastronomische Tapas gekocht, die so gar nicht zu dem oben erwähnten kulinarischen Quadrat aus glitschigem Fisch, zähem Fleisch, Salzkartoffeln und fadem Käse passen wollen:

Meals are a symphony of surprising tastes and mouthwatering sensations, plate after plate served tapas-style. There’s a sorbet of wasabi, sake, lemon and lemon zest. There’s crevette gris mixed with potato mouseline, tomato and lobster wrapped in mango; a muscadet granita served with a goose liver mousse; and a soy soup with rice noodles, fish and vegetables. Then blue-fin tuna served with Japanese lemon on a soy and tofu base.

Auch in diesem Restaurant findet man die typische Verbindung von lokalen Produkten wie die Zeeland-Auster („We use the best homegrown produce“) und der abwechslungsvollen, durchaus auch unterhaltungsorientierten, Darbietung dieses Ausgangsmaterials („Our chefs … skillfully play with various textures, different temperatures and surprising presentations“).

41hq5g2v1kl_aa240_.jpgUns gefällt an dem Artikel insbesondere der Versuch des Autors William Echikson, die Verbreitung der neuen Küche in Verbindung zu setzen mit der bisherigen länderspezifischen Gastronomie: Länder mit eher bescheidener gastronomischer Vergangenheit – bzw. Länder, die die nouvelle cuisine nur als Import erlebten – sind demnach ein fruchtbares Saatbeet für molekulargastronomische Entwicklungen. Heston Blumenthal in Großbritannien, Ferran Adrià in Spanien und Wylie Dufresne in den USA sind hier als Beispiele zu nennen. Aber diese Lust am Nachzeichnen historischer Entwicklungsbahnen hat Echikson bereits in seinem Rotweinbuch „Noble Rotbewiesen. Vielleicht bekommen wir doch noch bald eine brauchbare Geschichte der Nouvelle Cuisine?

(Abbildung: „Dessert: Chocolate & black olive cake, Granny Smith granite“ von ulterior epicure)

Resteküche

Auch eine Art, wie man mit Nahrungsresten umgehen kann: Matthijs Vogels hat ein Restaurant-Konzept vorgestellt, in dem alle Lebensmittelabfälle wiederverwertet werden. Ein Teil der Abfälle wird zu Schüsseln und Tellern gepresst und der Rest in Gas für die Küche umgewandelt. Was dann noch übrig bleibt, wandert als Dünger auf die Gemüsebeete.

The vegetable parts that are not suitable for consumption which are normally thrown away in the kitchen, are used now as resource for products like plates and bowls. This is achieved by shredding, drying and moulding the vegetable fibres with a hand press. In order to make the products hygienic and moisture resistant a transparant sheet of biodegradable plastic (PLA) is laminated in the inside. The outside is left uncovered, in order to reveal the material by smell, touch and sight. (Food for Design, culiblog)

Wie lange wird es wohl dauern, bis Blumenthal oder Adrià ihre Gemüsegerichte auf entsprechend duftenden Tellern anrichten werden? Oder bis eine neue No Cuisine entsteht, die geschmacklose, transparente Gele auf riechenden, schmeckenden und bunten Platten serviert? Wir sind gespannt.