Molekular-FAQ

Was meint der Begriff „molekulare Gastronomie“ bzw. „molekulare Küche“?

Der Begriff, ursprünglich von Hervé This (Collège de France) geprägt, bezeichnet zweierlei, was dann auch immer wieder zu Missverständnissen führt:

  1. Ursprünglich zielte der Ansatz des französischen Chemikers darauf, die chemischen (= molekularen) Prozesse zu verstehen, die das Geheimnis der Kochkunst ausmachen („the science of deliciousness“). Es geht hier also zum Beispiel um empirische Erhebungen über den Zusammenhang zwischen der Steife des Eischnees und dem Aufgehen eines Soufflés. Neben Hervé This spielen in diesem Kontext auch ungarisch-britische Physiker Nicholas Kurti sowie der amerikanische Autor Harold McGee eine große Rolle, die sich auf ähnliche Weise um populärwissenschaftliche Darstellungen der Küchenwissenschaft bemüht haben. In Deutschland ist dieses Thema unter anderem von dem Physiker Thomas Vilgis (Max-Planck Institut für Polymerforschung) mit einigen Büchern vertreten.
  2. Daneben gibt es aber noch eine zweite Deutung, die sich mittlerweile selbst nicht mehr als „molekulare Küche/Gastronomie“ bezeichnet, wenn sie nicht diesen Begriff völlig ablehnt. Denn hier geht es nicht darum, die kulinarische Chemie zu verstehen, sondern auf Grundlage dieser Prozesse eine neue avantgardistische Kochweise zu entwickeln. Die wichtigsten Bausteine lauten: Hydrokolloide, Schäume, Sphären, Cryocooking. Nicht so sehr Wissenschaft als vielmehr Kunst, Kochkunst auf dem höchsten Niveau gilt es hier zu bewundern, gehören doch die Restaurants der Hauptvertreter dieser Richtung wie Ferran Adrià, Juan Amador, Heston Blumenthal oder Wylie Dufresne zur globalen Elite der Spitzenköche.

Ich möchte gerne einmal molekular Essen gehen. Wo kann ich das in Deutschland tun?

Der führende molekulare Koch in Deutschland ist zur Zeit Juan Amador, der in Langen (Hessen) das mit drei Michelin-Sternen und 17 Gault Millau-Punkten ausgezeichnete Restaurant „Amador“ führt (Vierhäusergasse 1, 63225 Langen). In Berlin gibt es auch noch das Restaurant „Goldrot“ (Kurfürstendamm 64, 10707 Berlin), in dem Adrià-Schüler Cristiano Rienzner kochtgekocht hat.

Wo kann ich molekulares Kochen lernen?

Ja, zum Beispiel bietet in Hamburg Lars Ginsberg (Agentur für Genuss) einen Kochkurs zur Molekularen Küche an. Auch bei nova kuirejo (Dietmar Hölscher und Ramon Martinez) kann man Kochkurse belegen. In München gibt es die Kochschule von Angelo Zicaro, die immer mal wieder molekulare Kochkurse anbietet (auf der Homepage den „Kochkurs-Kalender“ ansehen).

Ich brauche Xanthan, Gellan, Natriumalginat, Kalziumchlorid, Natriumzitrat, Carrageen, Methylzellulose etc. für meine molekularkulinarischen Rezepte. Wo bekomme ich das her?

Viele der erwähnten Zutaten gibt es sowohl in der Apotheke, im Chemieversand im Reformhaus als auch in der von Albert und Ferran Adrià entwickelten Texturas-Reihe. Chemisch unterscheiden sich die Zutaten nicht: Natriumzitrat ist Natriumzitrat. Aber das Auge isst mit, so dass manch einer lieber die ansprechend gestalteten elBulli-Döschen im Kochregal stehen hat als die weißen Plastikfläschchen aus der Apotheke. Außerdem macht es vom Preis oft keinen großen Unterschied. Manchmal sind die elBulli-Produkte sogar günstiger, da pharmazeutische Stoffe sehr viel strengeren Kontrollen und Nachweispflichten, z.B. was die Reinheit oder den Wassergehalt angeht, unterworfen sind. Wer nicht weiß, worin er 600g Xanthan verkochen will, kann sich auch die kleineren Texturaspackungen (50g) bestellen, zum Beispiel bei Zicaro.

Wo bekomme ich Spritzen für meine molekulare Kochausstattung her?

Für die Herstellung von falschem Kaviar kann man gewöhnliche Einmalspritzen aus der Apotheke, im Haustierbedarf oder aus dem Versandhandel verwenden. Die Kosten liegen zwischen 50 Cent und 1 Euro. Okay, es klingt nicht wirklich appetitlich, aber sehr gut eignen sich die großen (60ml) und leichtgängigen Katheterspritzen. Man findet im Internet aber auch einige Anbieter, die zahlreiche Utensilien aus der molekularen Küche führen, darunter auch „Fake-Kaviar-Spritzen“, die dann in der Regel etwas teurer sind als die Geräte aus der Apotheke und einen schöneren Namen haben. Für die Injektion oder Extraktion von Flüssigkeiten (z.B. Orangenlikör in einen Entenbraten) benötigt man zusätzlich Kanülen, die aber nicht zu fein sein dürfen, da sie sonst zu leicht verstopfen (z.B. Intramuskulär-Kanülen von 0,8-0,9mm aufwärts).